Nicht zum ersten Mal wird dem ORF vorgeworfen, dass Ausländer oder Einwanderer nur dann erwähnt werden, wenn sie tolle Leistungen vollbringen oder wenn sie Opfer sind. Umgekehrt wird bei den Tätern so gut wie nie die Herkunft verraten, obwohl in den meisten Kriminalitäts-Sparten Ausländer bzw. Einwanderer stark oder sogar monopolartig vertreten sind – etwa bei Einbruch, bewaffneten Gewaltdelikten oder Drogenhandel.
Ein Musterbeispiel fand sich dieser Tage bei der Berichterstattung zum Geschworenen-Prozess um den Mord an einer Transgender-Prostituierten in Wien-Ottakring. In allen Details schildert die ORF-Online-Redaktion, wie sich der Beschuldigte vor Gericht benahm, wie der Mord geschehen sein soll und was Verteidiger und Staatsanwältin sagten. Zum Schluss wurde auch noch die Nationalität des Opfers verraten – nämlich eine in ihrer Heimat aufgrund ihrer sexuellen Veranlagung angeblich verfolgte Türkin.
Passt alles zum linken Zeitgeist: Arme, verfolgte Transsexuelle muss aus Heimat fliehen, kann hier nur als Prostituierte arbeiten – und wird letztlich von einem bösen, brutalen Freier erwürgt. Damit keine Zweifel aufkommen: Hier wird kein Opfer gering geschätzt, sondern lediglich die Art der tendenziösen Berichterstattung kritisiert.
Denn wenn ich schon die Nationalität der Ermordeten nenne, dann muss ich im Sinne der journalistischen Sorgfaltspflicht und der Ausgewogenheit auch jene ihres Mörders benennen. Und der ist – Serbe. Erwischt wurde der 32-jährige auch nur, weil der Mann Ende Jänner in zwei Raubüberfälle verwickelt war und man seine DNS routinemäßig mit denen aus der Mordermittlung verglich. Eine solch ausgewogene Berichterstattung zu diesem Fall schaffte sogar das Boulevard-Gratis-Blatt „heute“ – der ORF leider nicht.