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Kurt Ceipek (ORF2 So, 19.04.2015, 11:05)
Pressestunde

Wenn Heinz-Christian Strache in ORF-Interviews zu Wort kommt wie bei der TV-Pressestunde, dann sitzen überdurchschnittlich viele an Politik Interessierte vor den Fernsehgeräten. Dieses Aufeinandertreffen verspricht Aufregung und harten verbalen Schlagabtausch. Das sieht man gerne.

Die Interviewer – in diesem Fall Thomas Langpaul vom ORF und Barbara Toth, Innenpolitik-Chefin der linken Wiener Stadtzeitung Falter, – gehören logischerweise zu den scharfen Kritikern des FPÖ-Chefs, dem es an hartnäckigen Gegnern bekanntlich nicht mangelt. Ziel und Aufgabe der vom ORF in den Ring geschickten Interviewer ist es, Strache zu entzaubern, zu politisch unkorrekten Aussagen zu locken und so festzunageln. Straches Vorteil: Er bekommt seit Jahren immer wieder die gleichen Fragen gestellt und hat daher immer gut vorbereitete und passende Antworten parat.

Eine dieser Standard-Fragen lautet: „Gehört für Sie der Islam zu Österreich?“ Straches Standard-Antwort: „Für mich gehört der Islam historisch und kulturell nicht zu Österreich.“ Man müsse aber islamische Mitbürger, die bereits seien, sich in Österreich zu integrieren, vor Radikalisierung schützen. Wichtig sei es auch, Österreichern, die sich islamistischen Terrororganisationen anschließen, die Rückkehr nach Österreich zu untersagen und die Staatsbürgerschaft zu entziehen. Solche Heimkehrer könnten zu gefährlichen Terroristen werden.

Zu derartigen Themen lässt sich der mittlerweile mit allen Wassern gewaschene Politiker bereitwillig festnageln. Er gibt sich staatsmännischer und weniger aggressiv als früher und lässt sich kaum aus der Ruhe bringen. Es gelingt Strache auch stets, gut vorbereitete Sager zu platzieren. Zum Beispiel: Die jüngste Häupl-Äußerung über die 22-Stunden-Arbeitszeit der Lehrer sei „nicht nur dem Machtrausch“ Häupls zuzuschreiben, meinte er süffisant grinsend.

Deutlich erkennbares Ziel des Interviewerteams ist es, Strache und der FPÖ bei der nächsten Wahl – vor allem jener in Wien – Wählerstimmen zu kosten. Das scheint im Fall Strache mit dem praktizierten aggressiven Interviewstil nicht zu funktionieren. Alteingesessene Linke werden sich nach der Diskussion natürlich nicht zu Strache-Wählern verwandeln, aber so mancher neutrale stimmberechtigte Bürger dürfte Meinungen teilen, die Strache zum Thema Islamismus, zur Flüchtlingswelle nach Österreich, zur Bundeshymne, zu Griechenland oder zu Conchita Wurst zum Besten gibt.

Viele erinnern sich noch an ein legendäres ZiB-2-Interview einer furchtbar aufgeregten und giftig-bissigen Lou Lorenz-Dittlbacher mit Strache, das heute noch sehr zur Erheiterung der Betrachter im Internet kursiert. Die jüngste Pressestunde war zwar ruhiger, aber inhaltlich ähnlich aggressiv, was viele Zuseher erkennen oder zumindest spüren. Selbst wenn man Strache nicht mag, fühlt sich mancher Bürgerliche bei derartigen Interviews unbehaglich.

Ein entrüsteter Leser von ORF-Watch hatte nach dem Dittlbacher-Interview nach dem Jahreswechsel gemeint, Heinz-Christian Strache sollte sich den aggressiven Interviewstil des öffentlich-rechtlichen Senders nicht bieten lassen und nicht mehr für Interviews zur Verfügung stehen. Das wird er sicher nicht tun, denn der ORF ist der beste Wahlkampfhelfer, den sich die FPÖ wünschen kann.