Die Wiener Linien haben eine Straßenbahn-Garnitur mit Song Contest-Pickerln beklebt. Das ist ein so wichtiges und sensationelles Ereignis, dass der ORF einen mehrminütigen Beitrag darüber in Wien heute sendet. Zeit genug, um gleich mehrere Menschen aus dem roten Wiener Dunstkreis ausführlich zu Wort kommen zu lassen. Eduard Winter und Gerhard Schillinger von den Wiener Linien, Martin Traxl und Edgar Böhm vom ORF und Karl Javurek von der Gewista rühren für den Song Contest und vor allem für den ORF und die rote Stadt Wien die Werbetrommel. Man kann sich ungefähr ausmalen, wer im Vorfeld des ESC aus dieser Clique noch alles beim ORF antanzt, um sich im Lichte des Schlagerwettbewerbs zu sonnen. Die roten und (wenn sie brav sind) auch die grünen Stadtpolitiker werden wohl erst in die ORF-Kameras grinsen, wenn die ESC-Propagandaschlacht auf vollen Touren läuft. Beim jetzigen Warm-up darf sich auch einmal die zweite und dritte Reihe präsentieren
Der Straßenbahnbeitrag gibt bereits einen kleinen Vorgeschmack, was auf die ORF-Konsumenten und die Wiener Bevölkerung in den nächsten Wochen und Monaten zukommt. Ein wahrer Song Contest-Overkill. ORF-TV und Radio, die Wiener Boulevardblätter, Zeitschriften, Plakate, usw. Es wird kein Entrinnen geben.
Nicht umsonst hat die hochverschuldete Stadt Wien ihr Werbebudget für 2015 enorm aufgestockt. Schließlich hofft man bei der Wiener SPÖ, im Windschatten des Song Contests noch einmal ein halbwegs brauchbares Wahlergebnis einfahren zu können. Und dafür gibt man gerne das Steuergeld der Österreicher mit beiden Händen aus.
Doch der Hype um den Song Contest könnte sich für die Wiener SPÖ als Schuss ins Knie erweisen. Denn selbst der eine oder andere ORF-Redakteur scheint bereits zu spüren, dass das zu viel des Guten sein könnte. So fragt etwa der Gestalter des Wien heute-Beitrags den Gewista-Chef: „Haben sie nicht manchmal Angst, dass es irgendwie zu viel wird, dass irgendwann einmal die Wiener sagen: ‚Bitte ich kann das nicht mehr sehen?‘“
Nein diese Angst hat man nicht, denn zu viele Hoffnungen und Erwartungen hängen für ORF und SPÖ an diesem Wettbewerb.