Ö1 thematisiert Dschihad in der Schule und befragte eine Schulleiterin aus Wien. Es geht um Religion und Toleranz, um Aufklärung, Sitzkreise und einen verpflichtenden Ethikunterricht, in dem sich die jungen Leute mit Weltreligionen und Weltgeschichte und Weltwirtschaft (!) befassen sollen. Und dann der große Paukenschlag im Schlussplädoyer dieser Schulleiterin: „Religion ist überbewertet, hat einen viel zu hohen Stellenwert, ist Privatsache und soll auch privat bleiben.“
Der britische Economist schrieb zur Jahrtausendwende einen ironisch selbstbewussten Nachruf auf Gott; der ein durchaus prägendes Element der Menschheitsgeschichte bis 31.12.1999 gewesen sein mag, doch fortan, so prophezeite das traditionsreiche Wirtschaftsmagazin, völlig unerheblich sein wird. Spätestens 1¾ Jahre später, gegen September 2001, war klar, dass der Economist sich offensichtlich geirrt hat. Religion spielt in der Öffentlichkeit eine große – vor allem aber eine kontroversielle – Rolle, so sehr wie vermutlich seit Jahrhunderten nicht mehr.
Nur verständlich daher die Forderung, dass unsere Jugendlichen in der Schule ein bisschen was von anderen Glaubensrichtungen mitbekommen sollen. Wer nichts weiß, muss alles glauben, und das kann unter Umständen zu fatalen Missverständnissen führen. So weit so gut. Aber dann die große Wendung in der Argumentation. Die ganze Sendung lang geht es darum, dass die Leute sich mit Kulturen befassen sollen, damit sie sich besser verstehen und dann ist Religion urplötzlich überbewertet.
Was die Dame wohl meinte war, dass unsere Religion einen viel zu hohen Stellenwert hat und eine Privatsache sein sollte. Es sind andere Religionen, die unsere Kinder in der Schule lernen sollen und die in der Öffentlichkeit jeden erdenklichen Raum okkupieren sollen. In diesem Land bekennen sich ja nur 81,4 Prozent der Bevölkerung zur christlichen Religion (Volkszählung 2001, Statistik Austria). Wozu sollte man sich auch mit den ethischen Grundsätzen dieser winzigen Randgruppe auseinandersetzen. Dieses Land ist ja auch erst seit rund 1200 Jahren wieder christianisiert, da kann diese Religion gar nicht einen weiter erwähnenswerten Einfluss auf unsere Geschichte ausgeübt haben. Völlig überwertet!
Und dann auch noch diese absolut unzumutbaren Werte, denen die jungen beeinflussbaren Teenies ausgesetzt sind. Nächstenliebe, Vergebung, damit ist kein multikultureller Staat zu machen! Und Gott bewahre, wenn man sich auch noch mit der Geschichte dieser Religion auseinandersetzen müsste, zum Beispiel mit der Reformation. Dann hätte man ein Schulbeispiel vor sich, wie man sich mit religiöser Vielfalt, mühsam aber doch, angefreundet hat. Man würde lernen, was Religionsfreiheit ist und, dass man die anderen, da ihnen ihre unveräußerliche Würde angeboren ist, akzeptieren muss, wie sie sind. Aber das wäre völlig überbewertet.