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Kurt Ceipek (ORF1 Mo, 23.06.2014, 20:15)
FIFA Fußball WM 2014 Brasilien

Die Vorrunde der Fußball-WM in Brasilien neigt sich dem Ende entgegen. Ein guter Zeitpunkt, um eine Zwischenbilanz über die bisherigen Leistungen zu ziehen. Auch über jene des ORF, der im TV bislang stolze 34 Spiele übertragen hat. Die Leistungen mancher Mannschaften waren weltmeisterlich. Die Leistungen des ORF waren es nicht.

Noch immer scheinen manche Fernsehkommentatoren nicht erfasst zu haben, dass die Zuseher auf dem Bildschirm ziemlich das selbe sehen wie der im brasilianischen Stadion sitzende ORF-Erzähler. Und so beschreiben sie – meist mit ein paar Sekunden Verspätung –, was man ohnehin sieht oder schon gesehen hat.

Oder der Sprecher schreit ganz erregt „ACHTUNG“, weil ein Freistoßball hoch in den Strafraum fliegt, wo schon 14 oder noch mehr Spieler stoßend, tretend oder den Gegner umklammernd die Flugbahn des Balles gebannt verfolgen. Wem das „Achtung“ gilt ist nicht ganz nachvollziehbar. Die Spieler geben ohnehin acht und die Fernsehzuschauer können selbst als Fußball-Laien auch erkennen, dass sich hier eine torgefährliche Situation entwickeln könnte.

Fallweise bringen Kommentatoren in ihrer Erregung auch die Spielhälften durcheinander: „Drei zu eins für Brasilien, vier Minuten nach Beginn der ersten Hälfte“, meldete der Sportsprecher fünf Minuten nach Beginn der zweiten Hälfte des Spiels der Gastgeber gegen Kamerun. Aber so komplizierte Dinge wie erste und zweite Hälfte kann man schon einmal durcheinander bringen.

Auch der Hinweis, dass drei Spieler aufwärmen, ist in dem Moment nicht mehr wirklich originell oder erhellend, wenn diese drei gerade bei Dehnungsübungen oder beim Empfang von Anweisungen des Teamchefs im Bild gezeigt werden. Dagegen wird meist nicht erwähnt, welcher Spieler gerade „das runde Leder“ über den „den grünen Rasen“ treibt. Welcher Spieler den Ball führt kann man in den meisten Fällen auf dem Bildschirm nicht erkennen, wenn es sich nicht gerade um Messi, Robben, Neymar, Müller, Schweinsteiger oder sonst eine Berühmtheit handelt. Auch ein paar kleine Hintergrundinformationen, die es vermutlich zu fast allen Spielern gibt, könnten die Übertragung beleben.

Hier gibt es noch Verbesserungspotenzial. Wahrscheinlich wird die Sportberichterstattung des ORF erst weltmeisterlich, wenn sich auch Österreich wieder einmal für eine Endrunde qualifiziert hat. Bis dahin bleibt vermutlich noch etwas Zeit.

Vollends niveaulos ist dagegen das, was in den Pausen und zwischen den Spielen aus dem WM-Studio geboten wird. Die Kulissen in dem Publikumsstudio sind farblich von atemberaubender Scheußlichkeit. Die Muster und die Lichtspiele empfinden viele Zuseher als Aufforderung, sofort auf einen anderen Sender zu schalten, sich ein Bier oder ein sonstiges Getränk zu holen oder auf’s Klo zu gehen. Allein das giftige Grün der Bühne ist eine Beleidigung für die Augen. Die Akteure – also der Moderator, ein ausgedienter Fußballer und etwaige Gäste – sitzen offensichtlich unbequem in Stühlen, die originellerweise an Fußbälle erinnern sollen. Heute sehen Fußbälle allerdings anders aus.

Auch das Rundherum-Programm ist erbärmlich.

Seltsam kostümierte Möchtegern-Samba-Tänzerinnen, die beim Karneval in Rio sofort die Rote Karte gezeigt bekämen, dazu passende männliche Tänzer mit weißen Hosen und nacktem Oberkörper, bei denen man das Gefühl nicht los wird, dass sie eher aus dem Südburgenland oder den Tiroler Bergen stammen und gar nicht wissen wo Brasilien liegt, und die ewig gleiche Trommelei. All das ereignet sich in einer Kulisse, für die sich sogar die Organisatoren des Wiesenfestes der Freiwilligen Feuerwehr in Kikritzpotschn genieren würden. Die Analysen der Kommentatoren und die Anmerkungen der Fachleute und anderer Gäste passen sich dem Gesamtniveau nahtlos an. Wörtliches Beispiel von „Schneckerl“ Prohaska: „Die beiden Stürmer sind sehr torgefährlich, obwohl sie zusammen in zwei Spielen nur ein Tor erzielt haben.“

Der Beifall der Studiogäste für das Gebotene ist endenwollend.

Wenn diese ORF-Pausenfüller weniger aufgeblasen und dafür etwas geschmackvoller konzipiert wären, hätte man den TV-Zusehern einiges erspart. Und vermutlich hätte der zu einem guten Teil von den Zwangsgebühren der Österreicher gut lebende ORF sich selbst auch einige hunderttausend Euro erspart. Aber solche Kleinigkeiten spielen beim Jahresbudget von mehr als einer Milliarde Euro vermutlich keine nennenswerte Rolle.