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T. Freiherr (Fakten: Do, 26.10.2023, 17:10)
Bananenrepublik Österreich

Das Recht auf Information oder englisch "Right To Information" (RTI), ist wesentliche Voraussetzung für eine funktionierende Demokratie. Nur informierte Bürger können an der Wahlurne eine selbstbestimmte Entscheidung treffen; andernfalls sind sie schutzlos der Meinungsmanipulation von Populisten ausgeliefert.

Das kanadische non-profit Unternehmen "Centre for Law and Democracy" hat erstmals im Jahre 2011 ein RTI-Rating veröffentlicht, in dem die Rechtssysteme von 89 Staaten in Bezug auf das RTI verglichen werden. Das Interesse war groß, es fanden sich Sponsoren (darunter auch die EU), so dass es zu jährlichen Updates kam, in welchen nicht nur Aktualisierungen der Gesetze berücksichtigt wurden, sondern auch weitere Staaten in das Rating aufgenommen wurden. Heute (2023) sind 143 Staaten berücksichtigt.

Österreich war von Anfang an vertreten und ist in all diesen Ratings bewertet; unser Heimatland liegt im weltweiten Vergleich durchgehend mit der geringsten Punktzahl auf dem allerletzten Platz, hinter allen anderen Bananenrepubliken. Mit absteigender Tendenz: von anfangs 39 Punkten sind heute nur noch 33 übrig.

Hätten Sie das erwartet?

Wie kommen die Kanadier zu dieser niederschmetternden Bewertung; wir haben doch die Auskunftspflichtgesetze, nicht nur auf Bundes- sondern auch noch auf Landesebene?

Die Kanadier sind schlau genug um festzustellen, dass die Amtsverschwiegenheit gemäß Art. 20 B-VG die Wirkung dieser Gesetze aufhebt. Jeder Staatsdiener kann die Pflicht zur Auskunftserteilung unter Berufung auf diesen Verfassungsartikel ohne nähere Begründung verweigern.

Insofern begrüße ich die für nächsten Jahr angekündigte Gesetzesnovelle zur Aufhebung des Amtsgeheimisses. Sie ist dringend nötig.

Und was hat das mit dem ORF zu tun?

Im Oktober 2017 hat sich ein einzelner Rundfunkteilnehmer mit einer Beschwerde an die ORF-Aufsichtsbehörde KommAustria gewandt. Der Beschwerdeinhalt wird von der Behörde wie folgt zusammengefasst:

"... machte im Wesentlichen eine Verletzung des Objektivitätsgebotes sowie des Verbotes von Schleichwerbung geltend."

Mit den Aspekten des Objektivitätsgebotes hat sich die KommAustria nicht befasst, weil sie die Rechtsauffassung vertritt, dass die Beschwerde der Einzelperson nicht legitimiert sei. Doch erkennt sie an:

"Die KommAustria hat den Sachverhalt jedoch hinsichtlich der vom Beschwerdeführer aufgeworfenen Frage der allfälligen Schleichwerbung von Amts wegen in Prüfung gezogen. Die amtswegige Prüfung ist jedoch nicht Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahren."

Die Behörde kündigt also ein Ermittlungsverfahren an, räumt dem Beschwerdeführer in diesem jedoch keine Parteienstellung ein. Er wird somit nicht über Ergebnisse informiert und hat kein Anrecht auf Akteneinsicht.

In Folge kommt der Beschwerdeführer dann auf die Idee, durch eine Anfrage nach dem Auskunftspflichtgesetz das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens zu hinterfragen. Das Auskunftsbegehren lautet:

"Bitte informieren Sie über die Ergebnisse der angekündigten amtswegigen Prüfung. Wo sind diese veröffentlicht?"

Die Anfrage betrifft die Bekanntgabe einer URL, also eines Links zu einer öffentlichen Web-Seite. Die KommAustria beantwortet die Anfrage abschließend mit dem Bescheid KOA 11.500/19-011, in dessen Spruch die Auskunftserteilung unter Berufung auf das Amtsgeheimnis (Art. 20 B-VG) verweigert wird. (Was soll an einer URL geheim sein?)

Abweichend vom Spruch beantwortet der Bescheid die Anfrage in der nachfolgenden rechtlichen Beurteilung dann aber doch, mit einer in Klammern gesetzten Formulierung:

"(eine amtswegige Überprüfung war der KommAustria im Rahmen eines Administrativverfahrens gemäß § 36 ORF-G auf Grund von § 36 Abs. 1 Z 3 ORF-G e contrario nicht möglich)"

Diese kryptischen Worte bedeuten sinngemäß, dass die angefragte URL nicht existiert, weil die Behörde sich außer Stande sieht, jenes Ermittlungsverfahren durchzuführen, welches sie selbst angekündigt hat.

Wenn man nun bedenkt, dass die Verfolgung von Schleichwerbung gemäß § 2 Abs. 1 Z 7 KommAustriaG zu den Grundpflichten dieser Behörde zählt, dann kommt man zu der Erkenntnis, dass die Behörde per Bescheid festgestellt hat, dass sie es als "nicht möglich" erachtet ihre gesetzlichen Pflichten zu erfüllen.

Und wenn sich in unserem Heimatland eine Behörde selbst von einer gesetzlichen Verpflichtung befreien kann, dann liegt wohl auch unsere Rechtsstaatlichkeit auf oder unter dem Niveau von Bananenrepubliken.