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Kurt Ceipek (Fakten: Di, 24.05.2022, 00:34)
Ist Autorennen wichtiger als Neutralität?

Was interessiert die Österreicher mehr: Wenn in der Lieblingsdiskussionssendung des ORF „Im Zentrum“ am Sonntagabend über die hierzulande für viele heilige und unantastbare Neutralität diskutiert wird, oder wenn in Spanien ein paar lärmende Benzin fressende Boliden im Kreis fahren, wie es Niki Lauda dereinst abfällig genannt hat.

Der geschätzte ORF-Watch-Leser wird die Antwort schon erraten oder gewusst haben. Das Formel1-Rennen lockte am vergangenen Sonntag 631.000 Zuseher vor die Bildschirme, die Diskussion „Im Zentrum“ brachte es gerade einmal auf 432.000 Zuseher- und Hörer.

Für die Chefs des Medienriesen ORF, die ihren Sender für eine unentbehrliche Stütze der heimischen Demokratie halten, muss diese Diskrepanz schmerzlich sein. Nur einer von 16 Österreichern ließ sich trotz intensiver Eigenwerbung für die Sendung über das heiß diskutierte Thema Neutralität vor die Bildschirme locken.

Gründe dafür gibt es viele. Ein wesentlicher ist die Diskussionsleitung durch eine Moderatorin, die sich selbst für brillant hält, aber bei vielen Zuhörern als fast immer parteiisch, oft unbeholfen und ziemlich langweilig gilt. Dazu kommt eine seltsame Einladungspolitik, bei der immer wieder die selben ORF-Günstlinge zu Wort kommen, die der Redaktion genehm sind.

Diesmal erinnerten die Hauptakteure frappant an die betagten Balkon-Quälgeister aus der legendären Muppet-Show, die Herren Statler und Waldorf. Auch „Im Zentrum“ gehörten drei der Gästinnen und Gäste zu den Auslaufmodellen: Der vor vielen Jahren abgegangene und im ORF immer wiederkehrende Alt-Bundespräsident Heinz Fischer, die frühere Oberstrichterin und Ex-Neos-Abgeordnete Irmgard Griss und der inflationär aufgebotene links-legendäre Politik-Professor Anton Pelinka. Lediglich der vierte Gast, der Präsident der österreichischen Offiziersgesellschaft Erich Cibulka, ist tatsächlich noch politisch aktiv.

Das Ergebnis: eine langweilige Sendung, frei von Überraschungen in der alte Phrasen zum Thema gedroschen wurden. So gesehen ist erstaunlich, dass sich bis zu 432.000 Zuseher die Sendung „Im Zentrum“ angetan haben.

Wie spannend Diskussionen ablaufen können zeigte etwa zur gleichen Zeit der Aufsteigersender Servus TV, wo in der Sendung „Links – rechts – Mitte“ zwei heimische Journalisten, ein wortgewaltiger Schweizer Kommunikationsberater und ein streitbarer Ökonom aufeinanderprallten. Was herauskam war ein spannende Auseinandersetzung, der man mit wachsendem Interesse folgte.

So gesehen muss man sich für die Zukunft um den ORF ernsthafte Sorgen machen. Beim Sport hat Servus als im „free TV“ alleiniger Präsentator der Champions League der Kicker und anderer attraktiver Sportereignisse (auch der Formel 1 und Tennis) die besseren Karten. Wenn Servus TV auch noch bei Diskussionssendungen, Magazinen und Nachrichten dem ORF immer mehr Kunden abjagt, wird es um die Zuseherzahlen des öffentlich-rechtlichen Zwangsgebührensender bald noch trauriger aussehen.