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Werner Reichel (Ideologie: Fr, 18.01.2019, 12:43)
Die Faktenschrecker

Wenn der linken Opposition der Schmäh ausgeht - was aktuell recht häufig der Fall ist -, wenn Sebastian Kurz oder Herbert Kickl einen Vorschlag machen, der bei der Bevölkerung gut ankommt, wenn die Regierung linke Altlasten hervorholt und Versäumnisse anprangert, dann kommen sie zum Einsatz: Die ORF-Faktenschrecker. Sie sollen als öffentlich-rechtliche höchste Wahrheitsinstanz nachweisen, dass der Herr Kurz, der Vizekanzler oder all die anderen türkisblauen Bösewichter gerne und oft Unsinn verzapfen.

Beim hochtrabenden „Faktencheck“ versucht der ORF mit Zahlenspielereien und kreativen Interpretationen die Realität in die linke Richtung zu verbiegen, sie ins sozialistische Weltbild einzupassen. Eine beliebte Methode ist dabei, Behauptungen zu widerlegen, die nicht der politische Gegner des ORF und der SPÖ, sondern der Rotfunk selbst aufgestellt hat.

Beispiel Mindestsicherung: Da rückten die Faktenschrecker aus, um zu beweisen, dass „die Rechnung, dass eins zu eins die arbeitende Bevölkerung, die nicht Arbeitenden querfinanziert, relativiert werden muss“. Diese Rechnung hat der ORF selbst aufgestellt, sonst niemand. Man versucht eine selbst getätigte Behauptung zu widerlegen und scheitert selbst daran.

Die ORF-Faktenschrecker vergessen bei ihrer Milchmädchenrechnung, die sich ausschließlich auf die Einkommens- und Lohnsteuer bezieht, nicht nur auf Umsatzsteuer, Mineralölsteuer, Tabaksteuer, Kraftfahrzeugsteuer, etc., sie reduzieren die Kosten auf die Mindestsicherung und „vergessen“ all die andern – wesentlich höheren – Ausgaben, die der Steuerzahler für Mindestsicherungsbezieher aufbringen muss.

Dass sich Mindestsicherungsbezieher auch noch über die von ihnen „bezahlte“ Mehrwertsteuer zum Teil selbst finanzieren, muss man wohl mit Humor nehmen. Conclusio der ORF-Faktenschrecker: „(…) kommt man auf 81 Euro pro Person und Jahr, die sich durch Abgaben auf die Arbeitskraft ergeben.“ Diese 81 Euro sind eine absolut nichtsagende Zahl, eine Zahl, ohne jede Aussagekraft, sie soll lediglich den Österreichern den Eindruck vermitteln, sie müssten für die vielen importierten Mindestsicherungsbezieher ohnehin nur ein gutes Abendessen zu zweit pro Jahr hinblättern. Das sagt man zwar nicht direkt, das wäre eine Lüge, Fake-News, aber es gelingt, diesen Eindruck zu erwecken. Was nicht viel seriöser ist.

Jetzt sind die Faktenschrecker erneut ausgerückt, um im Wiener Wahlkampf Sebastian Kurz zu widerlegen. Der hatte gesagt, in Wien würde es 15.000 Obdachlose geben. 15.000 in der sozial gerechten rotgrünen Stadt, wo Sozialausgaben, Subventionen und Mindestsicherung wie Milch und Honig fließen. Das kann nicht sein. Weshalb zu Beginn des ORF-Faktenchecks festgehalten wird, dass 15.000 „zu hoch gegriffen ist“.

Wirklich? Der Standard, nicht gerade dafür bekannt, ein rechtspopulistischer Fake-News-Produzent zu sein, schreibt im Dezember 2018: „Wie viele Menschen versteckt obdachlos sind, weiß niemand.“ Auch ein Caritas-Mann gibt im ORF-Faktenschreck zu Protokoll: „Wer auch immer versucht, die Frage nach der Anzahl von Obdachlosen genau zu beantworten, handelt unseriös. Wir wissen es nicht, weil es keine entsprechenden Untersuchungen gibt.“

Nix genaues weiß man nicht, zumal rund die Hälfte jener, die etwa im Winter eine Wärmestube der Caritas in Wien aufsuchen, aus Osteuropa und Drittstaaten kommen. Da ist es schwer, den Überblick zu behalten. Noch einmal der Standard: „Die Dunkelziffer ist hoch.“

Und weil keiner weiß, wie viele Menschen in Wien obdachlos sind und es verschiedene Studien und unterschiedliche offizielle Zahlen gibt, versucht der ORF seine Leser mit dem vorhandenen Datenmaterial schwindelig zu jonglieren und schulmeistert obendrein, dass Wohnungslosigkeit und Obdachlosigkeit nicht das Gleiche seien.

Aber auch die vorliegenden offiziellen Zahlen liegen nicht weit weg von dem, was Kanzler Kurz sagte. Inklusive der Dunkelziffern hat Kurz mit 15.000 eher zu tief als zu hoch gegriffen. Laut Standard waren in Österreich offiziell 15.000 Menschen als wohnungslos registriert. Davon rund 10.000 in Wien. Offiziell!

Laut aktuellen Zahlen der Statistik Austria und des Sozialministeriums lag die Zahl der registrierten Wohnungslosen 2017 bei 21.567 Personen für ganz Österreich. Bundesländerzahlen gibt es nicht, aber der Großteil davon dürfte auf Wien entfallen. Inklusive der hohen Dunkelziffer - die keiner vom Fach bezweifelt - dürften in Wien weit mehr als 15.000 Menschen von Obdachlosigkeit respektive Wohnungslosigkeit betroffen sein.

Der ORF gibt als öffentlich-rechtlicher „Faktenchecker“ vor, Hüter der Wahrheit zu sein, und missbraucht diese selbst verliehene Position, indem er Zahlen und Daten äußerst kreativ und in seinem Sinne auslegt. Die von ihm angeführten Fakten und Zahlen stimmen in der Regel, aber wie er damit umgeht, in welchen Kontext er sie stellt, in welche Beziehung er sie zueinander setzt, welche er heranzieht und welche nicht, was er daraus macht, ist oftmals grenzwertig und hat stets dasselbe Ziel: Der türkisblauen Regierung zu schaden und die linke Opposition zu unterstützen.