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njr (Monopol: So, 02.12.2018, 11:10)
Wie man eine Kampagne in den Sand setzt

Check. Re-Check. Double-Check. Dieser elementare journalistische Grundsatz wird jedem Zeitungspraktikanten und jedem Publizistik-Studenten frühzeitig beigebracht.

In der freitäglichen ZIB um 19.30 Uhr konnte man sich davon überzeugen, dass die „beste Redaktion des Landes“ sich meilenweit von diesem Grundsatz entfernt hat. Denn über die Bildschirme flimmerte keinesfalls eine grundsolide, gut recherchierte und mehrmals überprüfte, ausgewogene Story, sondern irgendetwas anderes, aber jedenfalls kein korrekt recherchierter Bericht über eine Art Anhaltelager für unbegleitete männliche Flüchtlinge, der so manchen Zuschauer wohl staunend und fragend zurück ließ.

Was war das denn bloß? Was?

Ein Bericht war es nicht.
Eine Story war es nicht.
Eine Reportage war es auch nicht.

Und da dämmerte es so manchem, dass der Staatssender sich wieder in den sattsam bekannten Kampagnen-Modus begeben hatte, den er stets dann aus dem Hut zaubert, wenn es wieder einmal gegen die ungeliebte türkis-blaue Regierung geht, wenngleich das Kunststück dieses Mal quasi über Bande gespielt wurde, denn in allen Nachrichtensendungen wurde genüsslich der Rücktritt des niederösterreichischen freiheitlichen Landesrates, Gottfried Waldhäusl, thematisiert und schließlich mehr oder weniger unverhohlen gefordert. Adressat des ORF-Angriffs war aber unzweifelhaft die gesamte Regierung.

Mit ausgewogener, fairer, auf Wahrheitsgehalt geprüfter und objektiver Berichterstattung hatte diese ORF-Kampagne nichts mehr gemein.

In diesem „Bericht“ erfuhr man nicht einmal, dass es sich hier großteils um rechtskräftig abgelehnte Asylwerber handelte, was eigentlich eine wesentliche Information gewesen wäre, gleichfalls wurde man in Unkenntnis gelassen, dass jene Unbegleiteten aus diversen Einrichtungen entfernt worden waren, da sie - um es freundlich zu formulieren – schwierig im Umgang seien.

Was man allerdings erfuhr, war etwas ganz und gar Unerhörtes. Stacheldraht! Ja, wie denn, was denn? Junge, unbegleitete, unbedarfte „Flüchtlinge“ werden in Niederösterreich hinter Stacheldraht gehalten! Und es kam noch übler, denn die harmlosen Unbegleiteten dürften auch nicht das „Lager“ verlassen, was ja bloß bedeuten konnte, dass es sich um ein Gefängnis handeln muss.

Also warf Tarek Leitner Herrn Langpaul die Bälle zu und Thomas Langpaul ließ sich die Gelegenheit nicht nehmen und brachte seine übliche, üble Analyse von wegen Ausländern und Österreichern und die FPÖ und so weiter und so fort.

Nichts von dieser ZIB-Story, von dieser handwerklich mies zusammengezimmerten Kampagne, hält freilich dem Wahrheitsbeweis stand.

Check, re-check, double-check.

Der Stacheldraht bestand schlussendlich aus einem kleinen Stückchen Draht, welches auf einem mobilen Gitterelement aufgesetzt war, keinesfalls war es so, dass das gesamte „Lager“ von Stacheldraht umgeben war, wie es die ORF-Kampagne so listenreich suggerieren wollte. Die Rückseite des „Lagers“ etwa war und ist gänzlich ohne Zaun ausgestattet, soll heißen, man kann von dort direkt in die freie Landschaft schreiten, wenn man das denn möchte, denn dort oben, in Drasenhofen, sagen sich der sprichwörtliche Fuchs und der Hase gute Nacht.

Tja, da hätte das ORF-Außen-Team also lediglich einmal um das „Lager“ gehen müssen oder bloß Google-Street-View gucken sollen und alles wäre aus der Welt geschafft. Doch mit solchen Kleinigkeiten hält sich die „beste Redaktion des Landes“ nicht auf: In marktschreierischer Manier wird angeprangert, dass eine Begehung des „Lagers“ durch die Jugendanwaltschaft stattgefunden habe, die de facto natürlich rein gar nichts Wesentliches zu bemängeln hätte finden können, denn jenes unmenschliche „Lager“ war jahrelang Heimstatt von österreichischen Beamten (Grenzpolizei).

Doch was da genau beanstandet wurde, konnte der ORF seinen ZuseherInnen um 19.30 Uhr keinesfalls zumuten, das erfuhren dann die wenigen, die sich noch in die ZIB 2 verirrten. Und dies bloß deshalb, weil an jenem Freitag nicht Armin Wolf sondern Lou Lorenz-Dittelbacher zugange war und Herr Waldhäusl die Dinge wieder gerade rücken konnte. So also nahm das Ende einer just erst gestarteten ORF-Kampagne gegen Waldhäusl, FPÖ, Innenminister und Kanzler ein unrühmliches Ende, denn nichts, aber auch schon gar nichts blieb übrig von dem groß aufgeblasenem Möchtegern-Skandal, den „die beste Redaktion des Landes“ unter Missachtung grundlegender journalistischer Ethik, journalistischem Anstand und journalistischer Moral an jenem Freitag um 19.30 Uhr ausstrahlte.

Empörung wollte der ORF schüren, Alarm wollte der ORF auslösen, Unmenschlichkeit wollte der ORF anprangern.

Nichts von dieser Skandal-Story ist wahr!
Nichts davon hält einer gründlichen Untersuchung stand.
Nichts davon ist journalistisch belastbar.

Das ist eine miese und handwerklich dürftig konstruierte Kampagne, die der ORF bald darauf verschämt verschwinden ließ, denn zwei Tage nach diesem himmelschreiendem Unrecht, das da angeblich jungen unbegleiteten Flüchtlingen widerfahren sein soll, findet sich nicht einmal mehr eine einzige Zeile auf ORF-Online oder im Teletext, geschweige denn in den täglichen Nachrichtensendungen.

Was sagt eigentlich der ORF-Stiftungsrat-Vorsitzende zu diesem Skandal? Folgt jetzt wieder business as usual? Gilt quasi Narrenfreiheit beim Recherchieren und Moderieren, beim Verfassen von Berichten und Beiträgen, solange man seitens des ORF gegen die Regierung agitieren kann? Darf ein mit Zwangsgebühren finanzierter Sender, der unabhängig und journalistisch integer berichten soll, sich zu so etwas hergeben?

Gibt es denn so etwas wie Verantwortung gar nicht mehr? Bleibt also alles beim alten? Heißt das im Umkehrschluss, dass nun jedes Medium berichten und senden darf wie und was es will, ohne vorab zu checken, ob das denn alles so korrekt wäre, wie es journalistischer Standards verlangen?

Ein Skandal allererster Güte ist es allemal, wenn bar jeder journalistischen Sorgfaltspflicht ein übles Stück Polit-Kampagne gestartet wird, welches lediglich die von „der besten Redaktion des Landes“ gehasste und verabscheute Regierung anpatzen und beschädigen soll, denn um nichts anderes geht es hier: Man will die Regierung vorführen, man will zu bester Sendezeit den Kanzler und seinen Vizekanzler vorführen. Denn der kleine freiheitliche Landesrat ist dem ORF keine Schlagzeile wert im eigentlichen Sinne, vielmehr will man diese patschert und handwerklich miese zusammengeschusterte Skandal-Story letzten Endes Kurz und Strache umhängen, wobei man auch dem gehassten Innenminister noch eine mit auf den Weg geben wollte.

Check. Re-Check. Double-Check.