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njr (Öffentlich-rechtlich: Fr, 19.10.2018, 07:25)
Das Chamäleon

Lange Jahre ist es ruhig gewesen um den ehemaligen Parteiobmann, Handelsminister und Vizekanzler Norbert Steger. Nach seiner denkwürdigen Demontage an jenem Parteitag in Innsbruck (1986), schied er sang- und klanglos aus allen Parteifunktionen aus und verdingte sich jahrzehntelang im Privaten.

Doch er ahnte, hoffte und fühlte, dass seine Zeit noch einmal kommen würde, und siehe da, man erinnerte sich seiner und im Vorlauf zur Nationalratswahl 2017 tauchte sein Name plötzlich wieder in den Medien auf und man sah ihn als Gast in diversen Talkrunden, die sich allesamt dem Thema Medien widmeten.

Wie das? Dass Steger irgendwie und irgendwann etwas mit Medien am Hut hatte, war dem gemeinen Fernsehkonsumenten bis dahin noch niemals aufgefallen. Doch wer die Usancen der österreichischen Innenpolitik kennt, ahnt schon, dass Herr Steger über Nacht wohl zu einem Medienpolitiker geworden ist. Das geht in Österreich ganz, ganz schnell. Flott sozusagen. In Österreichs Innenpolitik kann quasi jeder zum Medienpolitiker mutieren, sogar solche, welche in den eigenen vier Wänden über kein TV-Gerät verfügen. Das ist halt bei uns so üblich.

Also hat es sich schlussendlich doch ausgezahlt für Steger! All die mühevollen, ruhigen, stillen Jahre, da man seinen Rat und sein Knowhow, seine Kenntnisse im Politischen und seine hervorragenden rhetorischen wie diplomatischen Kenntnisse einfach links liegen ließ, all diese mühevollen Jahre waren mit einem Male Vergangenheit. Ja, der Norbert Steger war plötzlich wieder wer! Endlich! Und der neu erfundene Medienpolitiker ließ gleich einmal die gesammelte Medienwelt wissen, was er denn alles mit dem ORF so vorhat! Hui, da ging ein Rauschen durch den Blätterwald! Und Steger genoss jede einzelne Zeile davon!

Logisch also, dass ihn die Partei in den Stiftungsrat setzte, logisch also, dass Steger hocherfreut war ob dieser Gunst, logisch also, dass er ganz im Sinne seiner Parteioberen agierte.

Doch im Laufe seines Mandates für den ORF-Stiftungsrat scheint sich an ihm eine signifikante Verwandlung vollzogen zu haben, denn die starken, harten, vernünftigen, klaren und logischen Forderungen und Ansagen, welche Steger am Beginn seiner hochdotierten Tätigkeit absonderte, wollte er plötzlich so nicht mehr formuliert sehen, weshalb er also in huldvoller Art und Weise den Printmedien wieder einmal Gelegenheit gab, in seine medienpolitischen Gedankwelt Einblick zu nehmen, als er im Laufe dieser Woche ein Interview gab.

Und da vernahm man ganz und gar Erstaunliches: Wrabetz könne wohl bleiben, die Gebühren können ebenfalls bleiben - wenn auch ein wenig reduziert -, mit dem Herrn Armin Wolf werde er noch sprechen wegen des einen oder anderen Themas, und so weiter und so fort …

Wie? Was? Wohin sind denn all seine großen Worte und Ankündigungen entschwunden?

Der leidgeplagte Zwangsgebührenzahler weiß schon bald, was da vor sich gegangen ist da oben, am Küniglberg, beim Herrn Stiftungsrat-Vorsitzenden.

Er ist endlich wieder wer, der Herr Steger! Er hat einen eigenen ORF-Parkplatz bekommen, ja doch! Und jeden Morgen wird er freundlich begrüßt, weil er eben der Stiftungsrat-Vorsitzende ist, das geht ja runter wie Öl, dieses „Guten Tag, Herr Steger“, dieses „Guten Morgen, Herr Steger“, von servilen, freundlichen Untergebenen gesprochen.

Und das alles soll er wieder hinwerfen? Das alles wieder aufgeben? Niemals!

Also muss eine Volte her. Eine hundertachtzig-Grad-Wendung. Denn Herr Steger will das, was er mit Hilfe der Partei endlich erlangt hat, keinesfalls wieder aufgeben müssen. All die kleinen
Annehmlichkeiten, die Höflichkeiten und der große Respekt, der ihn auf einmal wieder umweht wie ein stärkender Mantel, das alles will er nicht verlieren!

Mit anderen Worten, man hat den alternden Apparatschik am Küniglberg nach allen Regeln der Kunst eingelullt. Das ist nichts Neues, das widerfuhr schon vielen, die nach starkem Anfang nach und nach ihre Standpunkte aufgaben, ihre Ansichten wechselten, um schließlich in den großen Chor derjenigen einzustimmen, welche plötzlich auf unbedingte Beibehaltung der Zwangsgebühren pochen, um gleich darauf den Direktor zu lobpreisen und manches andere Sonderbare, das in seiner Arroganz und impertinenten Präpotenz einem einfachen Gebührenzahler nicht mehr zu vermitteln ist.

Ein GIS-Volksbegehren? Na wenn schon! Dazu gab es nicht einmal ein klitzekleines Statement vom Herrn Vorsitzenden!

Soll er halt weiter Gebühren zahlen, der Zuseher, mag sich Steger denken, denn schließlich wird dadurch seine Bezüge, werden mit diesen Mitteln seine Annehmlichkeiten finanziert, welche er mit einem Schlag verlieren würde, spräche sich der ehemalige Vizekanzler, der ehemalige Parteiobmann, der ehemalige Handelsminister für ein Ende der Zwangsgebühren aus.

Und mit diesem Herrn Wolf, ja, mit dem wird er reden, keine Frage! Das wird aber ein heftiges Gespräch werden, hui! Da werde aber die Fetzen fliegen! Ob er sich mit diesem Wolf gar in der ORF-Kantine treffen sollte?