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Kurt Ceipek (Personal: Mi, 11.07.2018, 17:07)
Als Ottakring noch bei Österreich war

Wenn Kroatien in Moskau gegen England um den Einzug ins Finale der Fußball-WM spielt, werden rund 350 Polizeibeamte auf der Ottakringerstraße in Wien für Sicherheit sorgen. Am Samstag waren dort Fanfeiern eskaliert, nachdem die Kroaten die russische Mannschaft mehr als glücklich im Elfmeterschießen hinausgekickt hatten.

Dabei können die in Wien eingesetzten Polizisten und Anrainer in der Ottakringerstraße nicht sicher sein, ob man sich mehr vor einer Niederlage Kroatiens gegen England oder noch mehr von einem ausufernd gefeierten Finaleinzug der Kroaten fürchten muss.

Aber der ORF nimmt das alles möglichst locker. In der TV-Berichterstattung nach dem Kroatensieg gegen Russland verbrüderte sich der unbedarfte ORF-Reporter vor der Kamera mit den schon sichtlich aggressiv-fröhlichen Kroaten-Fans auf der Ottakringerstraße in Wien und vermittelte ein sehr fröhlich-friedliches Bild.

Ähnlich erstaunlich fiel ein Kommentar der umstrittenen ZiB2-Moderatorin Lou Lorenz aus. Die hatte nach dem Kroatensieg und den folgenden Randalen in Wien-Ottakring als begeisterte Ottakringerin fröhlich getwittert: „Wir hier im Bezirk haben jedenfalls einen WM-Semifinalisten. Kann auch nicht jeder behaupten. #Ottakring #CRO"

Was einen ORF-Watch-Leser zur besorgten Anfrage bei Andreas Unterberger veranlasste: „Ist Ihnen bekannt, ob sich der Wiener Bezirk Ottakring unverändert auf österreichischem Staatsgebiet befindet, oder ist es diesbezüglich in letzter Zeit zu – mir entgangenen - Veränderungen gekommen, etwa dem Anschluss Ottakrings an Kroatien?“ Da fühlt man sich unverzüglich an das legendäre Lied von Heinz Conrads erinnert „Als Böhmen noch bei Österreich war ..."

Dass Ottakring jetzt kroatisches Territorium sein könnte ist allerdings höchst unwahrscheinlich, weil das von dem allmächtigen türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan als Vordringen auf türkisches Staatsgebiet gewertet und vermutlich mit sofortigen Vergeltungsmaßnahmen geahndet würde. Der würde sicher gerne in Österreich „intervenieren“.

Die „rote Lou“ schreibt jedenfalls vorsorglich zu ihren Twitter-Sagern, sie „twittere ausschließlich im eigenen Namen“. Mit dem ORF haben ihre Tweets also rein gar nix zu tun. Das gilt übrigens auch für oft seltsame Tweets von Kollegen wie Armin Wolf, Stefan Kappacher, Hanno Settele oder Ingrid Thurnher. Sie alle twittern rein privat und überhaupt nicht als ORF-Mitarbeiter.

Für Liebhaber von Lou-Lorenz-Tweets sei auch der folgende empfohlen: „Achtung, eine Durchsage: Die kritische Befragung von Regierungspolitikern ist kein Oppositionsfunk. Die kritische Befragung von Oppositionspolitikern kein Regierungsfunk. Das simple Wort für beides lautet Journalimus.“

Dieser Tweet ist natürlich auch rein privat und kann nichts mit dem ORF oder mit Journalismus zu tun haben. Journalistisch korrekte kritische Fragen an Regierungspolitiker werden von kaum jemandem kritisiert. Tadel gibt es für lediglich für persönliche Aggressionen der Interviewer (und -innen), bei denen man förmlich den Schaum vor dem Mund des Fragestellers zu sehen glaubt. Die sind jenseits von kritisch. Und an kritische Fragen an Grüne oder Rote kann sich der Schreiber dieser Zeilen – der sich job-bedingt viel mit dem ORF befasst – schon seit Ewigkeiten nicht mehr erinnern.