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Werner Reichel (Fakten: Di, 30.01.2018, 17:51)
Kritik: Ö1 Morgenjournal (ll)

„Die SPÖ Niederösterreich zieht die Konsequenzen aus schweren Vorwürfen gegen einen ihrer Gemeindepolitiker.“ So beginnt Ö1 die Meldung über jenen SPÖ-Politiker, der seine eigenen Enkelkinder sexuell missbraucht und Nazi- Devotionalien und illegale Waffen in seinem Keller gehortet haben soll. Der einzige, der im anschließenden kurzen Beitrag zu Wort kommt, ist der SPÖ-Landesgeschäftsführer, der ankündigt, was bereits in der Anmoderation verkündet worden ist, dass die SPÖ den Verdächtigen aus der Partei ausschließen wird.

Doppelt hält besser. Dreifach hält noch besser. Weshalb es auch der Beitragsgestalter sicherheitshalber erwähnt, sollte es irgendjemand überhört haben. Ansonsten kommt niemand zu Wort. Ist Filzmaier krank? Das Wort „Skandal“, das der ORF zuletzt bei der Liederbuch-Affäre geradezu inflationär gebraucht hat, vermisst man in diesem Beitrag.

Die Anmoderation soll der Geschichte einen positiven Spin geben, nach dem Motto: Auch wenn die Sache unangenehm ist, die SPÖ macht eh alles gut und richtig. Denn nicht der Skandal, der wirklich alle Stückl‘n spielt, Verdacht auf Kindesmissbrauch, Wiederbetätigung und illegalen Waffenbesitz, sondern die Reaktion der SPÖ steht im Vordergrund. Zudem betont man gleich im ersten Satz, dass es sich um einen ihrer „Gemeinde-Politiker“ handelt, sprich, er ist eh nur ein kleines Rad, ein unbedeutendes schwarzes Schäfchen in der roten Herde.

Dass es sich bei den Missbrauchsopfern um seine eigene Enkelkinder handeln soll, erfährt man in diesem Beitrag nicht, diese Info muss man sich aus weniger rot gefärbten Medien holen. Der ORF als Lückenpresse. Auch die bei Berichten über die Freiheitlichen beliebte Verwendung von pejorativen Adjektiven vermisst man in dem Beitrag über diesen unappetitlichen SPÖ-Skandal. Der ORF informiert nüchtern und äußerst knapp, sagt nur das absolut Notwendigste.

Hätte der Rotfunk genauso wohlwollend und verharmlosend über die Liederbuch-Geschichte berichtet, hätte das ungefähr so geklungen: Der Spitzenkandidat der Freiheitlichen bei der niederösterreichischen Landtagswahl, Udo Landbauer, hat sofort auf die Vorwürfe gegen die Burschenschaft Germania zu Wiener Neustadt reagiert. Er hat volle Aufklärung versprochen und seine Mitgliedschaft ruhend gestellt.

Der ORF zeigt anschaulich, wie man zwei Skandale journalistisch völlig unterschiedlich spielen und aufbereiten, wie man mehr oder (eher) weniger subtil und ohne zu lügen zwei Geschichten einen völlig unterschiedlichen Spin geben kann.

So macht der ORF Politik, so beeinflusst er gezielt die öffentliche Meinung in seinem Sinne, sprich im Sinne der SPÖ. Und dabei reden wird noch nicht gar davon, dass dieser SPÖ-Skandal erst einen Tag nach der Landtagswahl an die Öffentlichkeit gelangt ist, obwohl der SPÖ-Mann bereits am Donnerstag, also Tage vor der Wahl, verhaftet worden ist. Wer auch immer das zu verantworten hat.

Man kann nur hoffen, dass ÖVP und FPÖ begreifen, wie wichtig es ist, den ORF zu entpolitisieren, ihn einer Totalreform zu unterziehen bzw. auf ein für unsere Demokratie unschädliches Maß zurechtzustutzen.