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Andreas Unterberger (Monopol: So, 24.12.2017, 00:36)
Österreich braucht keine Staatsmedien

Die privaten Verlage kämpfen mit den ökonomischen Folgen der Digitalisierung. Der ORF hingegen baut seine Stellung aus und wird allmählich übermächtig.

Noch ist es nicht zu spät für eine Kurskorrektur.

Gäbe es den ORF nicht längstens, käme heute niemand auf die Idee, ihn zu erfinden.

Er ist das Kind einer Zeit, in der Sendeanlagen teuer waren, auch der Betrieb erforderte enorme Ressourcen.

Nur wenige konnten es sich leisten, Massenmedien zu betreiben. Doch heute gibt es keine Massenmedien mehr, ebenso wenig wie Massenparteien alten Schlags. Die Gesellschaft hat sich aufgefächert, jeder sucht das für ihn passende Angebot – und findet es in einem bunten Markt der Möglichkeiten.

Fast überall sterben die Dinosaurier aus.

Der Trend zur Individualisierung hat nicht nur die Medien erfasst.

Und alle reagieren darauf:

Die Parteien verändern sich, Organisationen wie die Gewerkschaften auch. Nur der ORF verändert sich nicht.

Er will so bleiben, wie er ist; er ist der einzige Dinosaurier, der jeden Tag verkündet, die Evolution gebe es nicht.

Er will uns einreden, Dinosaurier lebten ewig und kleine, flinke Säugetiere hätten nie eine Chance.

Dabei gibt es längst spezialisierte Angebote für Sport, Unterhaltung und Information.

Streaming-Dienste wie Netflix produzieren hochwertige Inhalte, bei denen ein behäbiger Staatssender nicht mithalten kann.

Der Service public gerät zur Fiktion, weil er in einem Markt mit lauter Nischen selbst nur noch eine Nische besetzt.

Die Nation versammelt sich nicht mehr um das „Lagerfeuer“ Fernsehen, die Ära der Strassenfeger ist vorbei.

Hinge der Zusammenhalt eines Staates von einem einzelnen Medium ab, wäre es schlecht bestellt um die Demokratie, denn die Technik bringt stets Neues hervor – ob Buchdruck oder Social Media.

Die Behauptung, nur ein öffentlich-rechtlicher Sender könne die sozialen Schichten und Regionen verbinden, ist so vermessen wie totalitär.

Keine Partei und kein Unternehmen käme auf die Idee, im Alleingang den gesellschaftlichen Wandel aufhalten zu wollen.

Wer klug ist, passt sich an. Der Rest geht unter.

In der Medienpolitik geschieht genau das Gegenteil.

Die Gebühreneinnahmen des ORF sind seit der Jahrtausendwende ununterbrochen gestiegen. Die Erlöse der Verlage aus der Printwerbung sinken hingegen von Jahr zu Jahr im zweistelligen Bereich. Trotzdem will die Linke ihren Würgegriff auf den ORF mit allen Mitteln halten.

Der Staat betreibt Service public als Mischung aus Paternalismus und Gnadenakt. Er lehnt jede substanzielle Reform und Entpolitisierung ab.

Könnten die Österreicher also selbst über die Höhe der TV-Obolus entscheiden, läge er tiefer.

Politisches Wissen ist in der Demokratie essenziell.

Dazu gehört, dass der Einzelne darüber entscheiden kann, wo er sich informiert und wieviel er dafür berappen will.

Es braucht keinen Staatsfunk, um in jedem Haushalt die „richtige“ Nachrichtenquelle sicherzustellen.

Schließlich legt die Regierung auch nicht das „richtige“ Abstimmungsergebnis fest. Warum man den Bürgern die Kompetenz an der Urne, nicht aber bei der Wahl der Medien zutraut, bleibt das Geheimnis der ORF-Lobby.

Trotz der Schrumpfkur der Regionalzeitungen ist das Angebot dank vieler neuer, meist digitaler Produkte breiter denn je. Warum sollte nicht auch im audiovisuellen Markt Vielfalt und echter Wettbewerb herrschen, wenn dort kein Quasimonopol mehr existiert?

Und warum sollten die Zuschauer nicht freiwillig – wenngleich sicher weniger als bisher – für das ORF-Programm zahlen, wenn dieses so gut ist, wie seine Macher behaupten?

Notwendig ist eine Debatte darüber, was der gesellschaftliche und technologische Wandel für die Medien bedeutet.

Notwendig ist auch die Auseinandersetzung, wie viel staatlichen Zwang und wie viel individuelle Entscheidungsfreiheit wir Bürger dabei wollen.

Doch die Regierung hat bisher jede echte Diskussion über diese Fragen verhindert.

Die Zeit steht nicht still.

Die ORF-Kundschaft wird weiter schrumpfen, immer mehr Zuschauer werden zu Netflix und Co. abwandern.

Zudem dürften dann bürgerliche Kreise eine Initiative zur Halbierung der Gebühren lancieren.

Ruhe, so viel ist gewiss, wird der ORF nicht finden.

Denn eines steht außer Frage: Eine Staatsmedienlandschaft will die Mehrheit der Bürger nicht.

Anmerkung: Das ist kein Originaltext, sondern eine weitgehende Übernahme eines Textes aus der Neuen Zürcher, in dem nur einige Schweiz-spezifische  Passagen weggelassen und "SRG" durch "ORF" ersetzt worden ist. Der Text zeigt, dass überall die Abenddämmerung der öffentlich-rechtlichen Sender einsetzt.