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Kurt Ceipek (Ideologie: Do, 22.09.2016, 02:57)
Der Vatikan und der Pakt mit dem Faschismus

Dass sich eine für Religion zuständige Redaktion auch kritisch mit der Kirche auseinandersetzt, ist lobenswert. Besonders gut eignen sich dafür Buchrezensionen, in denen jene Gedanken transportiert werden, die dem Autor der Rezension gerade in den Kram passen.

Zur kritischen Auseinandersetzung im Interesse des Lesers gehört aber vor allem eines: Objektivität. Mehr als fragwürdig ist es jedenfalls, nur auf eine Religion einzuprügeln, andere Religionen aber völlig kritiklos zu belobhudeln.

Die Redakteurin Johanna Grillmayer von der Religionsredaktion des ORF schreibt gerne Buchrezensionen auf ORF.at. Dabei verraten dem unbefangenen Leser schon alleine die Titel fast alles über deren Inhalt und Tendenz. Drei Rezensionen der letzten Monate seien wahllos herausgegriffen.

  • Titel 1: „Der Vatikan und der Pakt mit dem Faschismus“
  • Titel 2: „Die Verbrechen des Christentums“
  • Titel 3: „Das sanfte Gesicht des Islam“

Letzteres ist nicht der Titel des Buches. Dieses heißt in aller Bescheidenheit „Islam ist Barmherzigkeit“ und stammt aus der Feder des islamischen Theologen Mouhanad Khorchide und verrät uns, dass der Islam eine humanistische Religion sei, die „von Gottesliebe und Freiheit geprägt ist“, wie ORF-Redakteurin Grillmayer andächtig abschreibt.

Da sind die Rezensionen über Bücher zum Christentum schon aus einem anderen Holz geschnitzt. Ausführlich und genüsslich beschreibt die ORF-Religionsfrau Grillmayer das Buch „Der erste Stellvertreter. Pius XI. und der geheime Pakt mit dem Faschismus“ eines amerikanischen Historikers namens David I. Kertzer.

Der beschreibt Papst Pius XI. (Oberhaupt der Katholischen Kirche in den besonders schwierigen Jahren von 1922 bis 1939) als „cholerischen Machtmenschen, aufbrausend und stur“. Man liest dann den Satz „Der Vatikan spielte eine zentrale Rolle dabei, das faschistische Regime möglich zu machen und es an der Macht zu halten.“

Da weiß der Leser sofort, woher der Wind weht.

Und weil das zu aktuellen Diskussionen passt, gibt es in dieser Grillmayer-Rezension auch einen Zwischentitel „Hilfe gegen anstößige Badekleidung“. Es ging dabei nicht um Burkini und ähnliches.

Eine ähnliche Rezension der Religions-Redaktion auf ORF.at. trug den Titel: „Die Verbrechen des Christentums“ von Karlheinz Deschner. Letzterer gilt als fanatischer Hasser des Christentums, der – wie ein empörter Leser in einem Leserbrief an eine heimische Tageszeitung schrieb – es „zu seinem Lebensinhalt gemacht hat, das Christentum unisono an den Pranger zu stellen und als Gewaltreligion zu diffamieren“.

Und der Leserbrief-Autor Markus P. stellte fest: „Jede Religion, jede Ideologie und sogar die Demokratie hat ihre unschuldigen Opfer und Leichen im Keller. Nur gibt es keine Kollektivschuld. Es gibt nur eine individuelle Schuld.“

Dass diese Rezension über „Die Verbrechen des Christentums“ ausgerechnet in der Karwoche erschienen ist, war – wie aufmerksamen und kritischen Beobachtern der Religions-Redaktion des ORF völlig klar ist – ganz sicher kein Zufall.

Interessant wäre nun ein fiktives Experiment. Der geneigte ORF-Watch-Leser möge sich ausmalen, wie es wäre, wenn Frau Grillmayer für einige Jahre in ein „von Gottesliebe und Freiheit“ beherrschtes islamisches Land übersiedelte, und dort eine ähnlich bösartig-kritische Buch-Rezension über den Islam veröffentlichte. Sie würde dort sicher viel Aufmerksamkeit und Anerkennung ernten. Oder was meinen Sie?

Links zu einschlägigen ORF-Rezensionen:

http://religion.orf.at/stories/2792772

http://religion.orf.at/stories/2562929/

http://orf.at/stories/2172583/2172527/