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Andreas Hamberger (Formate: Di, 14.06.2016, 15:49)
Die Wahrheit der Fernsehbilder

Dass man als geübter Fernsehkonsument vorsichtig sein muss, wenn man Nachrichten und andere „Informations“-Sendungen sieht, ist man schon gewohnt. Zu selektiv und oft auch manipulativ ist die Auswahl der Bilder, die einem vorgesetzt werden. Wird etwa über Migranten berichtet, darf man sicher sein, nur Bilder zu sehen, die möglichst viele verängstigt dreinschauende Kinder und Frauen zeigen.  Ganz entgegen der Tatsache, dass weit mehr als die Hälfte junge und gesunde Männer sind. 

Möglichst nahe an der Realität und damit glaubwürdig konnte man eigentlich nur mehr Sportübertragungen ansehen. Aber gerade die Fußball-Europameisterschaft belehrt einen hier eines besseren. Von den Ausschreitungen zwischen den Fans beim Spiel England gegen Russland hat man etwa in der Live-Übertragung nichts mitbekommen. Erst tags darauf, als alle anderen Medien darüber geschrieben haben und die öffentliche Empörung in Frankreich nicht mehr zuzudecken war, ist auch in den Sportsendungen darüber berichtet worden. Auch ein sogenannter Flitzer, der beim Spiel Kroatien gegen die Türkei über das Spielfeld gelaufen ist, war in den Fernsehaufnahmen so gut wie nicht zu sehen. Genauso sind Feuerwerkskörper und ähnliche bei Spielen nicht gerne gesehenen Fan-Accessoires nie im Bild zu sehen.

Die Fernsehsender müssen bei Großereignissen die Bilder des Veranstalters übernehmen, in diesem Fall der UEFA. Die UEFA will aber ein möglichst schöngefärbtes Image der EM in die Welt senden und zensiert daher alle Bilder, die Kratzer daran verursachen könnten. Man will damit wohl auch verhindern, dass der Eindruck entsteht, es gebe Sicherheitsprobleme in den Stadien. Dazu kommt, dass sportliche Großereignisse immer mehr zu Belastungen für die Austragungsorte sind und immer weniger Bürger bereit sind, diese auf sich zu nehmen. 

Von ORF-Insidern, die Erfahrungen von der Heim-EM haben, hört man hinter vorgehaltener Hand von Knebelverträgen, die auch die Kommentatoren massiv einschränken sollen. Nicht nur, dass keine Live-Bilder von diesen Vorfällen gezeigt werden, auch darüber gesprochen werden soll tunlichst nicht.

Das deutsche ZDF und die ARD wollen sich das jetzt nicht mehr gefallen lassen und haben sich bei der UEFA über die eingeschränkte Bildauswahl von der Fußball-EM beschwert. „Wir waren nicht zufrieden mit dem Bildangebot nach Abpfiff des Spiels England – Russland, das haben wir deutlich angemerkt“, so ein Sprecher der deutschen Öffentlich-Rechtlichen. Die Antwort der UEFA: „Wir wollen nicht, dass Szenen von Gewalt im Fernsehen zu sehen sind.“

Damit bekommt die Werbung mit dem österreicheischen Team-Kapitän Christian Fuchs, die vor vielen Spielen läuft, gleich einen ganz anderen Beigeschmack: „Ich mach mir die Welt, wide wide wie sie mir gefällt…“