ORF-Watch.at Die unabhängige Kontrolle des Gebührenmonopols


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Werner Reichel (Ideologie: So, 22.05.2016, 15:31)
Nicht reformieren, nicht privatisieren, zusperren!

Der ORF hat im Präsidentschaftswahlkampf alle Register gezogen und mehr oder wenig offen Wahlwerbung für Alexander Van der Bellen betrieben. Man hat gar nicht erst groß versucht, die Meldungen, Reportagen, Analysen oder Berichte als objektiv, unabhängig und äquidistant zu tarnen. Zuviel ist für den Staatsfunk auf dem Spiel gestanden. Ein blauer Bundespräsident wäre für den Staatsfunk eine Katastrophe, wo doch der ORF seit Jahrzehnten die Freiheitlichen als politisch Aussätzige behandelt und täglich in allen Formaten abwatscht. Man fürchtet sich, zu Recht oder nicht, dass sich die FPÖ, sollte sie an die Macht kommen, dafür revanchieren wird. Entsprechend motiviert waren die ORF-Journalisten, um Sascha den Einzug in die Hofburg zu ermöglichen. Denn eines ist sicher, in Van der Bellen hat der ORF für sich und seine Begehrlichkeiten einen treuen Fürsprecher. Eine Hand wäscht die andere. Das ist der Deal.

Deshalb rollte die ORF-Starjournalistin Ingrid Thurnher im großen abschließenden TV-Duell jedes Mal mit den Augen, um ihren Ekel vor Norbert Hofer demonstrativ zur Schau zu stellen. Man schreckte selbst vor einer plumpen Unterstellung knapp vor dem Urnengang nicht zurück, um Hofer als Lügner zu desavouieren. Blöd nur, dass jede „blaue Dumpfbacke“ innerhalb von Sekunden via Google den ORF-Schmäh enttarnen konnte. Wenn einem die eigenen Vorurteile zum Verhängnis werden, sollte man sie vielleicht einmal gründlich überdenken.

All das hat eines ganz deutlich gezeigt: Der ORF hat als öffentlich-rechtlicher Rundfunksender, der mit seiner im Gesetz verankerten Sonderstellung und seinem Gebührenmonopol nach wie vor den heimischen Rundfunkmarkt dominiert, völlig versagt. Was der ORF in den vergangenen Wochen den Gebührenzahlern zugemutet hat, war nicht unabhängig, war kein qualitativ hochwertiger Journalismus, war nicht ausgewogen und nicht fair. Der Staatsfunk hat massiv versucht, das Wahlverhalten und die öffentliche Meinung in seinem Sinne, also in Richtung Van der Bellen, zu beeinflussen. Das entspricht zwar offenkundig dem politischen Willen der Regierung, der Grünen und der künstlerischen Elite im Land, aber nicht dem im ORF-Gesetz festgeschriebenen öffentlich-rechtlichen Auftrag. Das war Propaganda für den Kandidaten der österreichischen Blockparteien. Nicht mehr und nicht weniger.

Öffentlich-rechtliche Sender in ganz Europa befinden sich im digitalen Zeitalter ohnehin in einer schweren Legitimationskrise. Die Gründe, die nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs für die Errichtung solcher de facto immer vom Staat abhängigen Anstalten gesprochen haben, gibt es längst nicht mehr. Die Produktion und Verbreitung von Rundfunkprogrammen ist bei weitem nicht mehr so teuer wie damals, dank Internet und Satelliten können, im Gegensatz zum Rundfunk-Paläozoikum, technisch unbegrenzt Programme angeboten werden. Die einzige Existenzberechtigung, die einem modernen Staastsender in der vielfältigen, digitalen Rundfunklandschaft noch bleibt, wäre ein effizient und kostengünstig produziertes Programmangebot, das die im öffentlich-rechtlichen Auftrag definierten Aufgaben und Verpflichtungen vorbildlich erfüllt und sich damit in Qualität, Seriosität, Anspruch, Pluralität und Objektivität deutlich von der privaten Konkurrenz abhebt. Zudem müsste ein öffentlich-rechtlicher Sender sich primär um jene gesellschaftlichen und kulturellen Bereiche kümmern, die Privatsender nicht abdecken können oder wollen. Beides ist beim ORF aber nicht der Fall. Der ORF bietet vor allem tendenziöse Berichterstattung, Propaganda, seichte Unterhaltung und eingekaufte Serien und Filme, die kommerzielle Sender und On-Demand-Dienste ebenfalls und zumeist früher anbieten.

Viele Privatsender berichten über die österreichische Innenpolitik wesentlich ausgewogener und sachlicher. Kernaufgaben eines öffentlich-rechtlichen Senders werden vom ORF oftmals nur sehr sparsam umgesetzt. Das geht sogar soweit, dass man in Kärnten Teile des slowenischsprachigen Programms an einen Privatsender (Agora 105,5) ausgelagert hat. Zum Kernauftrag des Staatsfunks gehört gemäß ORF-Gesetz auch „die Förderung des Verständnisses für alle Fragen des demokratischen Zusammenlebens“

Wer wochenlang ziemlich ungeniert gegen einen der beiden Präsidentschaftskandidaten und damit auch gegen rund 50% der Österreicher  ansendet, der fördert nicht das Zusammenleben, der fördert nicht die Demokratie, er untergräbt sie. Der spaltet das Land. Der ORF hat in den vergangenen Woche eindrücklich gezeigt, dass er sich nicht als neutraler Berichterstatter versteht, sondern vielmehr als politischer Player begreift, der die linke Hegemonie im Land mit all seinen schwindenden Mitteln zu verteidigen versucht. Das hat weder etwas mit seriösem Journalismus noch etwas mit Demokratie zu tun.

Der einzige Schluss, den man daraus ziehen kann: Den ORF zusperren. Damit hat die Regierung keine gebührenfinanzierte Medienorgel mehr zur Verfügung, mit der sie spielen kann. Das gilt für jede künftige Regierung, egal wie diese aussieht. Das würde die Demokratie und die Medienlandschaft in Österreich beleben. Dass er ORF nicht reformierbar ist, hat er in der Ära Wolfgang Schüssel eindrucksvoll bewiesen, als sich die überwiegend linken Redakteure massiv und öffentlichkeitswirksam gegen die neu installierte ORF-Führung  zur Wehr gesetzt hatten. Dabei ging es natürlich nicht, wie von den Mitarbeitern empört behauptet, um die Unabhängigkeit des Staatsfunks, das Führungsduo Lindner und Mück war schlicht und einfach bürgerlich und damit nicht links. Ein nicht tolerierbarer Missstand in den Augen der Staatsfunk-Belegschaft. Der ORF ist nur solange unabhängig, solange er ohne Gegenwind linke Propaganda betreiben kann. Auch Privatisierung ist keine Lösung. Die Dominanz des ORF und das Ungleichgewicht am heimischen Medienmarkt würden damit bestehen bleiben.

Zusperren ist die beste, einfachste und sicherlich billigste Lösung. Die Lücke, die der ORF am heimischen Rundfunkmarkt hinterlassen würde, wäre erstens kleiner als allgemein gedacht und zweitens, etwa bei den beliebten Bundeslandnews um 19:oo Uhr oder den Ski-Übertragungen, würde sie von den Privatsendern innerhalb kürzester Zeit gefüllt werden. Die vielen Werbemillionen die in den ORF fließen, rund 250 pro Jahr, würden danach zum Großteil an die Privatsender gehen und dem Markt neue Impulse geben.

Gute ORF-Journalisten würden sicher schnell eine neuen Job finden, alle anderen, die weniger wegen ihres Talents, als vielmehr aus parteipolitischen oder familiären Gründen beim ORF ein warmes Plätzchen gefunden haben, müssten sich eben neu orientieren. Das würde die Qualität im gesamten österreichischen Rundfunk deutlich anheben. Die wenigen echten öffentlich-rechtlichen Aufgaben, die der ORF erfüllt, etwa Sendungen in den Sprachen der österreichischen Volksgruppen, könnte man öffentlich ausschreiben. Private Sender und Produktionsfirmen können solche Inhalte sicher billiger, effizienter und in mindestens genauso hoher Qualität produzieren. Eine Win-Win Situation. Außer natürlich für den ORF und alle jene, die von ihm bisher profitiert haben.