ORF-Watch.at Die unabhängige Kontrolle des Gebührenmonopols


Rubriken

Archiv

Elisabeth Hennefeld (Formate: Fr, 03.04.2015, 23:59)
Existenzfrage ORF2

Das „Feiertagsprogramm“ des ORF am Karfreitag zeigt deutlich wie selten die qualitativen Verschiebungen des Staatsfernsehens in eine gar grauenvolle Richtung. Dereinst war die Aufteilung der Sendeformate auf ORF1 und ORF2 spiegelbildlich zu frei marktwirtschaftlich agierenden Verlagshäusern: Ein Produkt (also Fernsehsender oder Zeitung) ist gewinnorientiert und wenn man’s richtig anstellt auch sehr profitabel, ein bisschen mehr Unterhaltung, ein bisschen was für Kinder, ein bisschen mehr Sport, ein bisschen mehr seichte Berieselung. Das andere Produkt sollte qualitativ hochwertig anspruchsvoll Information und Kultur vermitteln. In Deutschland finanziert die auflagenstarke „Bild“ die „Welt", in England ermöglicht der kommerzielle Erfolg der „Sun“ die „Times“.

Der ORF war dereinst auf ein ähnliches Geschäftsmodell angelegt. Denn die damaligen Verantwortlichen hätten zwar im Traum nie daran gezweifelt, dass eine junge zarte Demokratie einer paritätisch besetzten medialen Lenkung bedarf. Sie hätten es aber ebenso nie in Betracht gezogen, daraus ungeniert ein Verlustgeschäft mit Fass ohne Boden zu machen. ORF1 oder auch Ö3 sind kommerziell ausgelegt und die dort erwirtschafteten Überschüsse sponsern auf ORF2 und Ö1 die politischen Gesprächsrunden, die in den Einschaltquoten bei 2 Prozent herum krebsen, aber demokratiepolitisch zur freien Meinungsbildung angeblich unverzichtbar sind.

Ein Blick ins Fernsehprogramm zeigt erschreckend deutlich, ORF2 hat seine angestammte strategische Rolle mehr oder weniger aufgegeben. ORF1 hat uns, seiner Ausrichtung entsprechend, den ganzen Tag mit einem Feuerwerk der Zeichentrickklassiker erfreut. Vielleicht hätte man für den Nachmittag am Karfreitag etwas Passenderes als „Findet Nemo“ finden können, aber wir wollen mal nicht so sein. Es ist eben ORF1.

ORF2 dagegen ist absolut hoffnungslos neben der Spur. Der Vormittag ist noch so gestaltet, wie man es vom ORF eben an diesem Tag erwarten kann. Ein Portrait von Bischof Kräuter in Brasilien, sicher ganz in seinem Sinne, ohne die üblichen Anfeindungen, die sich der ORF normalerweise bei einem katholischen Würdenträger nicht verkneifen kann. Aber eben dieser ist auch Befreiungstheologe, er gehört also zu den Guten. Der Befreiungstheologie liegt zwar die marxistische Gesellschaftsanalyse zu Grunde und ist damit, nach Meinung einiger verzopfter Herren im Vatikan mit der christlichen Lehre unvereinbar. Damit wäre die tägliche Dosis Kapitalismuskritik auch erledigt. Weiter geht’s mit dem evangelischen Karfreitagsgottesdienst, durch und durch passend, sie können’s ja doch.

Ab dann geht’s nur mehr steil bergab: ein Heimatfilm mit Hans Moser, „Klingendes Österreich“, ein Heimatfilm jagt die nächsten Liebesschnulzen. Seine eigentliche Kernkompetenz hat ORF2 längst an ORFIII „outgesourcet“. Wenigstens ging sie nicht ganz verloren, könnte man sich denken. Man könnte sich auch denken, wozu brauchen wir dann eigentlich noch ORF2? Ist eine Endlosschleife aus „Weissblaue Geschichten“ und „Rosamunde Pilcher“ wirklich öffentlich-rechtlich legitimiert?