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Werner Grotte (Fakten: Di, 20.01.2015, 22:28)
Ho-Ruck-Aktion für kaputt gesparten Sicherheitsapparat

Das heute im Ministerrat beschlossene „Sicherheitspaket“ im Wert von bis zu 290 Millionen Euro beschäftigte den ORF sowohl in der ZiB1, im Report und in der ZiB2. Innerhalb von vier Jahren soll der Polizei Verstärkung zugeführt werden – durch neue, bessere Ausrüstung, neue Fahrzeuge und im Rahmen von Prävention. Gretchenfrage dabei: Darf die Polizei-Spezialeinheit Cobra die Black Hawk-Transporthubschrauber des Bundesheeres (mit-)verwenden, oder muß eigenes Gerät angeschafft werden?

Nach beeindruckenden Trainingsfilmen des Jagdkommandos und der Cobra versuchte Lou Lorenz-Dittlbacher im Report, Innenministerin Johann Mikl-Leitner (ÖVP) Aussagen über die „Doppelgleisigkeiten“ zwischen Heer und Polizei sowie das Fehlen der „Prävention“ zu entlocken. Die Ministerin antwortete ebenso unaufgeregt wie unkonkret. Vor allem, meinte sie am Schluss, sei es ja nicht nur Sache des Innenministeriums, in Sachen Prävention und Entradikalisierung, etwa an Schulen, Universitäten, in Gefängnissen oder Vereinen tätig zu sein, das betreffe überlappend einige Ministerien.

Ganz anders als zuletzt bei HC Strache beließ es Lorenz –Dittlbacher dabei. Kein Dreinreden, kein Drüberfahren, kein Nachhaken. Die ÖVP ist ja immerhin (Mit-)Regierungspartei, die darf man bei solch bedeutenden, gemeinsamen Entscheidungen nicht anpatzen.

Dabei wurde in der ganzen Berichterstattung aber auf Entscheidendes vergessen: Nicht nur das Heer wird seit Jahren kaputtgespart. Auch die Polizei leidet seit Längerem unter Einsparungen, Personalnot, Überbürokratisierung und Imageverlust in der Öffentlichkeit. Man denke nur an die unglaublichen Intrigen zwischen (schwarzem) Innenministerum und (roter) Wiener Polizei, die in bizarren Exzessen wie den Prozessen gegen Ex-General Roland Horngacher und Ex-Sicherheitsbüro-Chef Ernst Geiger („Sauna Affäre“) oder im immer undurchsichtiger werdenden, angeblichen „Prügelskandal“ rund um den Gambier Bakary Jassey gipfelten.

In der Praxis sind Polizisten in freier Wildbahn schon bald mehr Gejagte als Jäger. Speziell (Jugend-)Banden aus der Einwanderer-Szene lassen jeglichen Respekt vor der Exekutive vermissen, kennen sie doch die Ohnmacht vieler Beamten, hervorgerufen durch interne Weisungen, gerade diese Klientel im Sinne der öffentlichen Wahrnehmung mit Samthandschuhen anzufassen. Da kann es schon vorkommen, dass Polizisten angespuckt werden, ohne dass dem Spucker etwas geschieht. Das von oben diktierte Zauberwort heißt „Deeskalation“ und bedeutet für viele nichts anderes, als speziell bei Migranten (und das ist die große Mehrheit in nahezu allen Kriminalitätsbereichen) möglichst lange und gründlich wegzuschauen.

Umgekehrt sind scharfe Einsätze, etwa gegen afrikanische Drogenhändler oder rumänische Bettler, meist mit darauf folgenden internen Problemen verbunden. Es findet sich bei fast jeder Perlustration oder Festnahme eines Verdächtigen ein Gutmensch, der die Aktion mittels Mobiltelephon ablichtet und es unter Hinweis auf vermeintliche Polizeigewalt an Polizeipräsidium oder Innenministerium schickt. Dort kommt die übliche Maschinerie in Gange, und der betreffende Beamte muss sich aufwendig und oft auch entwürdigend vor der Internen Kontrolle rechtfertigen. Was ihn nicht nur demotiviert, sondern auch zeitlich ganz enorm von seiner eigentlichen Arbeit abhält. Es gibt Offiziere, die angeben, bis zu 60 Prozent der Dienstzeit ihrer Einheit zur Abwehr derartiger Untersuchungen aufwenden zu müssen.

Und genau das ist das Hauptproblem, ebenso beim Heer wie bei der Polizei. Da mag es gut ausgerüstete Spezialtrupps wie Jagdkommando oder Cobra geben, doch das sind jeweils nicht mehr als ein paar Dutzend Mann. Der weitaus größere Teil beider Institutionen ist schlecht ausgerüstet, überlastet und immer weniger motiviert. Mit einer solchen Basis gegen hochmotivierte und modernst ausgerüstete Terroristen und deren Umfeld antreten zu wollen, erscheint gewagt. Dieses Manko nun mit einer Ho-Ruck-Aktion, die wieder nur die Spitze des Eisberges erfasst, lösen zu wollen, erscheint da fast schon fahrlässig. Dass der Staatsfunk ORF sich solche Analysen erspart ist klar – egal ob aus Unkenntnis oder im Auftrag der Regierung.