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Werner Reichel (Fakten: Fr, 03.10.2014, 09:24)
Geheimpakt Staatsfunk

Der Realist  und  setzen damit ein unmissverständliches Zeichen. Der ORF wurde danach unter der ÖVP-Alleinregierung  von Bundeskanzler Josef Klaus grundlegend reformiert. Er bekam einen klaren Programmauftrag und einen neuen unabhängigeren Generaldirektor. Der Würgegriff von SPÖ und ÖVP wurde damals zumindest etwas gelockert.

Eine fünfteilige Serie zum Jubiläum des Rundfunkvolksbegehrens

 Teil 2: Geheimpakt Staatsfunk

Der geheime Rundfunkpakt zwischen SPÖ und ÖVP  bedeutet einen deutlichen Rückschritt und eine klare Absage an die von den Zeitungen geforderten Reformen.  Dieses Geheimpapier wird dem Kurier zugespielt. Der damalige Chefredakteur Hugo Portisch ist über den Inhalt entsetzt und schreibt einen wütenden  Leitartikel, andere bürgerliche Zeitungen greifen das Thema auf.

 

Portisch geht aber noch einen Schritt weiter. Er will die Öffentlichkeit gegen die totale Vereinnahmung des Rundfunks mobilisieren. Obwohl in der österreichischen Verfassung Volksbegehren bzw. Volksabstimmungen vorgesehen sind, können diese damals nicht umgesetzt werden, weil die dazu nötigen Durchführungsbestimmungen vom Parlament nie beschlossen wurden.

Mittels einer Unterschriftenaktion wollen Kurier, Kleine Zeitung und Wochenpresse  die beiden Koalitionsparteien unter Zugzwang bringen. ÖVP und SPÖ sollen die notwendigen Bestimmungen für die Durchführung von Volksbegehren im Parlament absegnen. Das Echo ist enorm. Innerhalb weniger Tage werden 130.000 Unterschriften gesammelt. Eine  Zahl, die nicht einmal - so scheint es zumindest vorerst - SPÖ und ÖVP ignorieren können.  Sie sichern eine grundlegende Reform des Rundfunks inklusive Deadline und die notwendigen gesetzlichen Bestimmungen für die Durchführung von Volksbegehren  zu.  Zumindest an den zweiten  Teil diese Versprechens halten sich die beiden Großparteien. Die SPÖ stimmt, wenn auch widerwillig,  dem Volksbegehrendurchführungsgesetz zu.

Bei der Reform des ORF bringt man allerdings nichts weiter. Mit dem Näherrücken der selbst gesetzten Deadline werden vor allem die Sozialisten unruhig. Sie lehnen den „Druck“, den die Zeitungen ausüben ab. Es geht ihnen trotz aller öffentlichen Zusagen darum, ihren Einfluss auf den ORF  mit Zähnen und Klauen zu verteidigen. Dabei schreckt man auch vor einer  Schmutzkübelkampagen gegen die bürgerlichen Zeitungen nicht zurück. SPÖ-Chef Bruno Pittermann: „Der Stil wird von jenen ehemaligen und unverbesserlichen Nationalsozialisten geliefert, die einmal ‚Schriftleiter‘ der NSDAP-Presse waren und heute Redakteure in Zeitungen von ÖVP-Verlagen sind wie in solchen der „parteifreien“ Presse.“

Es ist schon einigermaßen perfide, die Forderung nach einem parteiunabhängigen Rundfunk ins Nazi-Eck zu rücken. Eine Rundfunkreform bzw. ein Volksbegehren, das eine solche erzwingen soll, wird von den Sozialisten lediglich als ein von der ÖVP angezettelte Ärgernis empfunden. Die totale Vereinnahmung des Rundfunks und die damit verbundene Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit war für die SPÖ ein notwendiges Mittel zur Durchsetzung ihrer Ziele und Interessen, eine politische Notwendigkeit. „Für uns sind Rundfunk und Fernsehen Machtfragen“, hat es SPÖ-Nationalratsabgeordneter Josef Kratky auf den Punkt gebracht

Auch innerhalb der ÖVP waren nicht alle Funktionäre für die Einführung von Volksbegehren. Trotzdem ist die Volkspartei für das Rundfunkvolksbegehren eingetreten und hat zugesagt, im Falle eines klaren Ergebnisses, sich für dessen Umsetzung einzusetzen. 1964 löst der Reformer Josef Klaus Alfons Gorbach an der Parteispitze und als Bundeskanzler ab. Klaus und seine neu installierten Minister waren im Gegensatz zur alten Garde eindeutig pro Rundfunkvolksbegehren.

Die parteifreien Zeitungen gründen unterdessen ein Aktionskomitee. Sie wollen das Volksbegehren möglichst schnell auf Schiene bringen. Der Chefredakteur der Arbeiterzeitung, Franz Kreuzer, der später Intendant des ORF-Senders FS2 wird, schreibt  hingegen wütende Artikel gegen das Volksbegehren und seine Initiatoren.  Der ORF selbst setzt auf eine andere Strategie und schweigt das geplante Volksbegehren tot.

 Die ORF-Mitarbeiter bekommen den Auftrag, das Volksbegehren nicht zu erwähnen. Das geht so weit, dass der zuständige Leiter einer wöchentlichen Hörfunk-Diskussionssendung von Zeitungsredakteuren den Teilnehmern droht: „wenn nur einer das Thema Volksbegehren sagt, dann breche ich die Sendung ab“.

Kurz bevor die First abläuft, die sich die Regierung zur Reform des Rundfunks selbst gesetzt hat, haben die Zeitungen alles, was für die Vorbereitung eines Volksbegehrens notwendig ist, organsiert.  Von den nicht unbeträchtlichen finanziellen Mitteln, die der Staat für ein Volksbegehren damals verlangt (ca. 200.000 Schilling), bis hin zu einem Gesetzesentwurf, den namhafte Universitätsprofessoren ausgearbeitet haben.

Dieser Text ist ein gekürzter und überarbeiteter Auszug aus dem Buch: Die roten Meinungsmacher - SPÖ-Rundfunkpolitik von 1945 bis heute (Baden-Baden, 2012)