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Werner Reichel (Ideologie: Di, 21.10.2014, 12:10)
Die Kirche, die Synode und der ORF

Nicht einmal jeder zweite Wiener ist Katholik. Nur noch 40% der Menschen in der Bundeshauptstadt sind offiziell katholisch. Österreichweit sind es weniger als zwei Drittel. Tendenz weiter fallend. Keine Frage, die Kirche verliert seit vielen Jahren nicht nur immer mehr ihrer Mitglieder, sondern auch immer mehr an Bedeutung. Welches Gewicht haben noch die Aussagen eines Kardinals oder Bischofs außerhalb der Kirchengemeinde? Wer in Österreich oder in Europa nach den Lehren und Geboten der Kirche leben möchte, der tut dies, wer nicht, der nicht. Damit hat sich auch die Kirche längst abgefunden. So einfach könnte das in einer liberalen Gesellschaft sein. Könnte, wenn wir in einer liberalen Gesellschaft leben würden.

Der Machtverlust und der geringe Einfluss der Kirche auf Politik und Gesellschaft manifestiert sich unter anderem darin, dass sie jeder nach Herzenslust kritisieren, verunglimpfen und beschimpfen darf, ja sogar soll. Ohne irgendwelche Folgen, abgesehen vielleicht von einem Kunstpreis oder Subventionen. Auf die Gefühle und Befindlichkeiten von Christen braucht heute niemand mehr Rücksicht zu nehmen, bei Moslems ist das ganz anders. Hier reagieren Medien und Justiz sofort und meist sehr „sensibel“. Mit der richtigen Drohkulisse, kein Problem. Daran erkennt man, wie sehr sich die Machtverhältnisse mittlerweile verschoben haben.

Aber solange die Kirche noch Lebenszeichen von sich gibt, wird genussvoll auf sie eingetreten. Das ZiB-Magazin zieht gestern Montag nach der Synode Bilanz. Das klingt so: „Zwei Schritte nach vorne, einer zurück“; „Konservative Bischöfe haben eine Öffnung verhindert“; „Wenn 200 Bischöfe und Laien über Homo-Ehe, Scheidung und Verhütung diskutieren (…) ist das zumindest ein Anfang“. Sagt wer? Für wen „muss“ sich die Kirche öffnen? In welche Richtung „muss“ die Kirche gehen? Wer bestimmt das? Der ORF?

Man hätte, wie es sich für ein Medium gehört, das sich selbst als unabhängig definiert, auch unabhängig und neutral über die Synode berichten können. Doch diese politische Einstellung, dieser linke missionarische Eifer ist dem gemeinen ORF-Redakteur so in Fleisch und Blut übergegangen, dass er es nicht einmal mehr merkt, dass er keinen Journalismus, sondern nur noch Meinungsmache betreibt.

Hat man im ORF jemals ähnlich Sätze und solche Forderungen bei Berichten über Grüne Parteitage gehört? Die Grünen müssen sich öffnen, sich modernisieren, die Grünen müssen dies, die Grünen müssen das.

Natürlich nicht, weil die Grünen ideologisch und politisch schon dort stehen, wohin die Kirche nach Ansicht des ORF erst hin muss. Das Gleiche gilt übrigens für die ÖVP und alle anderen nicht linken Parteien, Organisationen und Institutionen. Grüne Standpunkte als allgemeiner politischer Maßstab und als Richtschnur. Erst wenn alles in Österreich links ist, die Parteien, die Kirchen, die Medien und die Menschen, erst dann ist das Paradies in Europa ausgebrochen und der ORF zufrieden. Im Gegensatz zur Kirche hat die Linke ihre dunkle Vergangenheit nie ehrlich aufgearbeitet. Das sind die Folgen.

Erst wenn die Diözese Wien mit einem eigenen Sattelschlepper voll tanzender und singender Transvestiten an der Regenbogenparade teilnimmt, erst dann ist die Kirche dort angelangt, wo die Linken sie haben möchte. Erst dann ist die Öffnung abgeschlossen, die Linke zufrieden und die Kirche tot.

So wie vor längerer Zeit die Kirche das Leben und den Alltag der Menschen bestimmt hat, genauso versucht es jetzt die Linke. Konkurrenten werden nicht geduldet. Und in ihren Köpfen brennen die Scheiterhaufen für Abweichler schon lange.