ORF-Watch.at Die unabhängige Kontrolle des Gebührenmonopols


Rubriken

Archiv

Werner Reichel (Personal: Mi, 18.06.2014, 13:42)
Aufruhr im Elfenbeinturm

Alarmstufe rot bei Ö1. Die Hörfunkjournalisten bangen um die Qualität ihrer Nachrichtenjournale. Zu wenig Personal, zu viel Arbeit. Die besorgten Mitarbeiter haben ein E-Mail an Radiodirektor Karl Amon geschickt, das - na sowas – auch beim Wiener Falter gelandet ist. Der nimmt den Ball auf und titelt: „Die Ö1 Warnrufe gehören gehört!“ Der Falter veröffentlicht Auszüge aus dem Mail der Redakteurssprecher. Darin heißt es etwa: „Es bleibt immer weniger Zeit zum Recherchieren (…)“ oder „Ohne ausreichend Personal sieht sich die Radio-Information außer Stande, das Angebot in gewohnter Qualität und Quantität aufrecht zu erhalten.“

Das klingt dramatisch. Worum geht es konkret? Der Journalredaktion fehlen laut Amon exakt 1,4 Vollzeitäquivalente, also nicht einmal 2 Mitarbeiter. Das kostet Rundfunkmitarbeiter außerhalb der geschützten ORF-Werkstätte bestenfalls einen Lacher. Laut Amon ist die Zahl der Stellen seit 2010 sogar gestiegen. Damals hatten die Ö1-Redakteure einen noch viel dramatischeren Apell via Falter an die Öffentlichkeit gerichtet.  ORF-Mitarbeiter: beschwerten sich über die enorme Arbeitsbelastung. „Teilweise muss ein Redakteur auch gleich zwei Beiträge für ein Nachrichtenjournal gestalten – und das binnen weniger Stunden“. Wow! Eine Ö1-Redakteurin damals: „Manchmal frage ich mich, ob es nicht Kalkül ist, dass man uns so kurz hält. Wir können nichts mehr nachrecherchieren, sondern nur die Brocken fressen, die uns die Politiker hinschmeißen.“

Der war gut. Ö1 ist ja bekannt für seinen investigativen und SPÖ-kritischen Journalismus. Doch den geknechteten Ö1-Redakteuren geht es um noch etwas ganz anders. Sie wollen einfach nicht raus aus ihrem geliebten Funkhaus in bequemer Lage mitten in der Wiener Innenstadt. Da liegen die coolen Restaurants, Bars und  Lokale gleich ums Eck. Damit kann der Küniglberg freilich nicht dienen. Weil man das aber nicht offen sagen kann, muss man auch hier die Programmqualität bemühen und holt sich als Unterstützung die Autorin Marlene Streeruwitz. Sie hat sogar ein eigenes Anti-Übersiedlungsstück verfasst. Kein Scherz. „Vielfalt kann nur Vielfalt sein, wenn es auf vielfältigen Orten mehrere Redaktionen gibt. Eine Zentralredaktion ist Gleichschaltung“, sagt Streeruwitz.

Gleichschaltung? Das klingt so, als ob Ö1 weltanschaulich und  politisch anders positioniert wäre, als das ORF Fernsehen. Okay, Ö1 ist vielleicht noch ein Stück weiter links als die ZiB1. Aber Amon versucht ohnehin zu beruhigen. Es werde keinen Personalabbau geben, man wolle durch die Zusammenlegung Kapazitäten für eine Programmerweiterung frei machen. Aber Synergien zu nutzen ist für Redakteure, die mit freier Marktwirtschaft recht wenig anfangen können, offenbar etwas ganz Verwerfliches.