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Gudula Walterskirchen (Formate: Mi, 19.03.2014, 19:28)
Ein Leben ohne Fernsehen

Als ich gefragt wurde, ob ich bei der Initiative „ORF-Watch“ mitmachen möchte, hatte ich zuerst höflich abgelehnt. Und dies aus einem einfachen Grund: Ich besitze keinen Fernseher, bin ohne Fernsehen aufgewachsen, daher kann ich nicht beurteilen, ob das Fernseh-Programm gut oder schlecht ist.

Ich bin so etwas wie eine Televisions-Analphabetin: Ich kann nicht mitreden, ob die Punktevergabe bei „Dancing Stars“ gerechtfertigt war oder nicht. Ich weiß nicht, wer der neue Moderator der ZIB ist. Ich kenne die Serien und ihre Stars nicht, habe die „Millionenshow“ noch nie gesehen. Den ORF kenne ich nur als passionierte Radio-Hörerin, in diesem Bereich werde ich also gerne (weiter) kritisch hinhören und für „ORF-Watch“ kommentieren.

Es fällt mir jedoch umso mehr auf, wie stark das Fernsehen die übrige mediale Berichterstattung beeinflusst, wie häufig dessen Inhalte etwa die „Boulevard-Medien“ prägen. Und selbst in den Qualitätszeitungen“ bestimmt das Fernsehprogramm zumindest eine – kostbare – Seite im Blatt mit Programmvorschau und Besprechungen. Ein großer Teil der Bevölkerung lebt teilweise in einer anderen Welt als ich. Wenn ich manchmal gefragt werde, was ich zu jener Werbung, jener Sendung oder jenem Moderator sage, kann ich nur passen und antworten: „Keine Ahnung, ich besitze keinen Fernseher.“ Meist ernte ich ungläubiges Staunen: „Wie kann man ohne Fernsehen leben?“

Wie tröstlich ist es zu erfahren, dass ich nicht alleine bin! Vor allem die Generation der Dreißiger und darunter findet kaum mehr Gefallen an vorgegebenen Programmen, die man zu vorbestimmten Zeiten bloß konsumieren kann. Sie sind längst umgestiegen auf Youtube und schauen mittels Beamer selbst ausgewählte Filme an. Sie wollen aktiv bestimmen, was sie ansehen und wann sie das tun.

Fernsehen ist für die Jungen, vor allem die bildungsaffinen, somit unattraktiv. Und es stimmt nicht, dass diese Generation dafür nur noch von dem Computer sitzt (der immerhin Aktivität voraussetzt). Mittlerweile sind Bücher so „retro“, dass sie schon wieder interessant werden, sogar Lesezirkel werden wieder „in“!

Mir geht das Fernsehen keinesfalls ab. Ich versäume vielleicht die eine oder andere interessante Sendung auf ORF III oder einem der wenigen Sender mit Qualitätsanspruch, habe dafür aber jeden Tag ein bis drei Stunden aktive Lebenszeit gewonnen!

Dennoch: Als Gast bin ich ab und zu am Küniglberg oder in der Argentinierstraße und habe festgestellt, dass es wirklich gute Sendungen mit wirklich engagierten Journalisten gibt. Nur einmal habe ich bereut, ein Fernseh-Analphabet zu sein, nämlich als ich zur Barbara-Karlich-Show geladen war und aus Unwissenheit zugesagt habe. Ich geniere mich heute noch für diesen Auftritt, denn das Niveau der Moderatorin und des (teilweise gekauften) Publikums waren derart primitiv, dass ich knapp davor war, bei laufender Kamera aufzustehen und zu gehen. Ich hätte es tun sollen.

Die Sendung gibt es, glaube ich, immer noch . . .