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T. Freiherr
 

Es ist still geworden, in Bezug auf den Widerstand gegen das ORF-Beitrags-Gesetz 2024. Der VfGH hat Individualanträge (unbearbeitet) formal zurückgewiesen, weil der reguläre Rechtsweg durch die Instanzen zumutbar ist (vgl. VfGH G 17/2024 vom 12.06.2024).

Ich habe den Eindruck, dass dabei nicht berücksichtigt wurde, dass Dr. Ernst Swoboda (Jurist, VÖP Präsident und Kronehit-CEO) im Jahre 2015 mit seinem Anliegen auf dem regulären Rechtsweg gescheitert ist, weil die GIS ihm als erste Instanz keinen Bescheid ausgestellt hat, trotz Säumnisbeschwerde, die von BVwG und VwGH bestätigt wurde.

Andernfalls hätten wir nämlich die verfassungsrechtliche Überprüfung des § 31 Abs. 10 ORF-G (alt) schon sechs Jahre zuvor erlebt; Urheber der Verfassungszweifel ist also keinesfalls der ORF. Und die oben genannte VfGH-Abweisung erweckt bei braven Bürgern das Gefühl, dass ORF und GIS juristisch bevorzugt werden. Denn wenn dem Antrag des ORF nach wenigen Monaten stattgegeben wird, während in gleicher Causa der Privatperson auf dem regulären Rechtsweg nach vier Jahren noch nicht einmal das ordentliche Verwaltungsverfahren eröffnet wurde, dann kann man wohl kaum von Gleichbehandlung sprechen.

Der VfGH hätte diesen Sachverhalt in der Urteilsbegründung zumindest erwähnen können. Ich selbst warte übrigens ebenfalls nach Säumnisbeschwerde noch immer auf meinen im Februar beantragten Bescheid.

Seit dem 22.08.2024 sind jetzt auch erste Entscheidungen des BVwG bekannt (z.B: I423 2296154-1/2E, I414 2295846-1/2E oder W147 2296318-1/2E), mit denen Bescheidbeschwerden abgewiesen werden, jeweils individuell durch Einzelrichter, jedoch alle mit ähnlicher Begründung. Seither sind die Social-Media-Wortführer verstummt, die nicht für etwas bezahlen (wollen), was sie nicht nutzen. Haben diese etwa erkannt, dass sie in einer Solidargemeinschaft leben und in anderen Bereichen schon lange Dinge mitfinanzieren, die sie selbst nicht nutzen, z.B. Gefängnisse?

Aber konzentrieren wir uns auf das Wesentliche. Das BVwG sieht es als erwiesen an, dass die Höhe des ORF-Beitrags mit 15,30 € monatlich korrekt bestimmt ist und beruft sich auf § 31 Abs. 19 ORF-G (2024). Dort ist die Höhe des maximalen ORF-Beitrags normiert, für den Zeitraum 2024 bis 2026. Und die Bestimmungen des § 31 Abs. 1 bis 10e ORF-G (2024) werden als Normierungen mit zeitlicher Begrenzung betrachtet, was aus dem Gesetzestext in keiner Weise hervorgeht; insbesondere fehlt eine Angabe, ab wann die zeitliche Einschränkung "zukünftig" beginnen soll. Liebe BVwG-Einzelrichter, an diesen Stellen ward ihr ein wenig zu kreativ.

Krasser aber ist die Rechtsauffassung des BVwG zur Vereinbarkeit des ORF-Beitrags mit den Anforderungen des EU-Beihilfenrechts. Hier folgt das Gericht den Ausführungen der Regierung und begründet, dass es durch die neue Finanzierung des öffentlichen Rundfunks zu keiner wesentlichen Änderung einer bestehenden Beihilfe kommt und deshalb keine formale Notifikationspflicht gegenüber der Europäischen Kommission bestünde; es wird auf das Urteil vom 13. Dezember 2018, C-492/17, Südwestrundfunk, des EuGH verwiesen.

Dabei wurde offensichtlich übersehen, dass im § 31 Abs. 11 bis 16 ORF-G (2024) Kompensationszahlungen für den Vorsteuerabzug vorgesehen sind, die aus dem Staatsbudget geleistet werden und nur ein einzelnes Medienunternehmen betreffen. Entsprechende Beihilfen hat es bisher nicht gegeben. Allein aufgrund dieser Neuregelungen besteht die o.g. Notifikationspflicht, was seit dem Gutachten bekannt ist, welches Prof. C. Urtz am 25.05.2023 für den Verfassungsausschuss formuliert hat.

Noch unerklärlicher wird die Rechtsauffassung des BVwG wenn man bedenkt, dass die Beihilfenentscheidung K (2009) 8113 im Verfahren E 2/2008 der Europäischen Kommission auf der damals aktuellen Rechtslage beruht, also auf dem RGG. Dieses verweist in seinem § 1 Abs. 1 auf das BVG-Rundfunk. Dadurch wird eine synallagmatische Austauschbeziehung normiert. Dem Rundfunkteilnehmer wird im Gegenzug zu seinen Beitragszahlungen die Veranstaltung von Rundfunk im Sinne des Art. 1 Abs. 1 BVG-Rundfunk in Aussicht gestellt und dieser Rundfunk muss den Normierungen im bundesweiten Ausführungsgesetz gemäß Art. 1 Abs. 2 leg. cit. entsprechen.

Im neuen ORF-Beitrags-Gesetz 2024 fehlt ein entsprechender Verweis. Eine Gegenleistung, die die Beitragszahler erwarten können, ist nicht definiert. Ohne Leistungsdefinition können keine (Netto-)Kosten ermittelt werden.

Im ORF-Beitrags-Gesetz 2024 wird also keinesfalls eine zum RGG gleichwertige Folgefinanzierung normiert sondern vielmehr eine völlig neuartige Finanzierungsform, die in Europa beispiellos ist. Folglich besteht - entgegen der Rechtsauffassung von BVwG und Regierung - unbedingt eine formale Notifikationspflicht gegenüber der Europäischen Kommission gemäß Art. 108 Abs. 3 AEUV. Meldung und wettbewerbsrechtliche Überprüfung sind noch ausständig, was aktuell - bis die Kommission einen abschließenden Beschluss erlassen hat - die Anwendung des Gesetzes ausschließt und folglich die Rückzahlung der bisher unrechtmäßig vorgeschriebenen Beiträge zur Folge hat.

Und schließlich kann es auch nicht im Sinne des nationalen Gesetzgebers sein, dass der ORF aufgrund der fehlenden Auftragsdefinition selbst dann noch staatlich subventioniert und durch die vorgeschriebenen Beitragszahlungen teilfinanziert wird, wenn Unvereinbarkeiten mit dem BVG-Rundfunk und/oder dem ORF-G (2024) bestehen. Diesbezügliche verfassungsrechtliche Überprüfungen sind ausständig und notwendig.

Liebe Leser, bitte lassen Sie sich nicht verunsichern. Der Widerstand gegen das ORF-Beitrags-Gesetz 2024 ist keinesfalls vergebens oder vorbei. Vielmehr ist Ihre Bescheidanforderung (und die Einstellung der Zahlungen) heute wichtiger denn je, damit den staatlichen Organen verdeutlicht wird, dass mündige Rundfunkteilnehmer weder murren noch zahlen, sondern mit legalen Mitteln für ihre Rechte und die Rechtsstaatlichkeit der Nation zu kämpfen verstehen.