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Andreas Lindner
 

Jeden Morgen, kurz vor dem Morgenjournal um Sieben, sendet Ö1 eine Extraportion Moral in 'Gedanken für den Tag'.

In rund vier, fünf Minuten, dürfen Schauspieler, Maler, Regisseure, andere Künstler, Philosopen, Autoren, Seenotretter - laut Ö1 "Wissenschaftlerinnen, Theologen und Journalistinnen, Denker:innen" - und sonstige Freischaffende, über ein Thema referieren, welches die betreffende Ö1-Redaktion hierfür vorgibt bzw. ausgewählt hat.

Und in diesen wenigen Minuten, kurz vor dem täglichen Morgenjournal, wird es dann stets sehr moralisch und man erhält praktisch eine Anleitung von Ö1 über das korrekte Denken und Handeln. Zum Beipsiel, wenn es um Migration geht (welche man gefällifst zu akzeptieren und gutzuheißen habe) oder soziale Themen oder die freie Marktwirtschaft (vulgo: Kapitalismus, welchen man gefälligst zu verteufeln habe,allgemeiner Wohlstand hin oder her). 

Linkes Mindset - ob gemäßigt oder linksradikal - ist Grundvoraussetzung für einen Gastauftritt in dieser Ö1-Sendung, das versteht sich von selbst.

So hat es sich zugetragen, daß Ende Jänner ein gewisser Paulus Manker ("Schauspieler, Regisseur und Multitalent" laut OTS) kurz vor Sieben und über mehrere Tage seine moralschwangeren Botschaften auf Ö1 einem breiten Publikum vortragen durfte. Stets getragen vom Habitus bzw. Duktus des moralisch Höherstehenden, hat er seine Weisheiten kurz vor Sieben verkündet. Der genauen Inhalt der Sendungen ist leider nicht mehr abrufbar.

Just ein paar Tage später wurde medial bekannt, weniger im ORF oder auf Ö1 als anderswo, daß ein gewisser Paulus Manker seit geraumer Zeit in einen Rechtsstreit mit dem Eigentümer des Südbahnhotels verwickelt ist, weil er sich laut Berichten schlicht geweigert hätte, eine getroffene Vereinbarung einzuhalten (Jedenfalls zum Zeitpunkt der Ö1 'Gedanken zum Tag' war dieser Rechtsstreit bekannt).

Die 'Kleine Zeitung' schreibt dazu: "Der Aussendung (Anm. des Eigentümers) zufolge hatte am 30. September vergangenen Jahres die letzte Vorführung von Mankers „Die letzten Tage der Menschheit“ am Semmering stattgefunden. Laut Vertrag hätte der Künstler spätestens 45 Tage später das Hotel räumen müssen. Doch Manker weigerte sich auszuziehen und versperrte mit den Requisiten seitdem die Räumlichkeiten des Hotels“.

Am 30. Jänner schließlich erfolgte die Zwangsräumung  im Südbahnhotel gegen Paulus Manker. „Das war die Antwort des Rechtsstaates auf rechtswidriges Verhalten, auf die Missachtung von Gesetzen und Grundrechten“, wurde Christian Zeller, Eigentümer des Objekts, zitiert. (Kleine Zeitung).

Nun, was soll man dazu sagen? Bei Vertragsbruch, bei rechtswidrigem Verhalten, der Missachtung von Gesetzen und Grundrechten, da hilft einem die ganze Moral, die man vor sich herträgt, nichts. Zum Glück ist das noch so.

Und spätestens jetzt, einen Monat später, wo eine aktuelle Dokumentation des 'NDR' über Machtmißbrauch in der Film- und Theaterkunstszene erschienen ist - u.a. mit Paulus Manker in der unrühmlichen Hauptrolle - relativiert sich jeglicher Moralanspruch.

Ich finde, auch Ö1-Hörer haben einen Anspruch darauf, etwas von ihrem Sender Ö1 zu dem Thema zu hören.