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Kurt Ceipek
 

Falls die Wochenzeitung „Falter“ enthüllen würde, dass der junge Altkanzler Sebastian Kurz am Sonntag eine Zeitung entnommen habe ohne dafür zu zahlen. Oder wenn in einem von der WKStA zur Verfügung gestelltem E-Mail behaupten würde, Sebastian Kurz habe Herrn oder Frau XY als Trottel oder ähnliches bezeichnet, dann wäre das Minuten später die Spitzenmeldung in allen ORF-Nachrichten. Was der leserarme Falter über Kurz enthüllt, wird vom ORF zuverlässig gebracht.

Wenn das deutsche Wochenmagazin „Stern“ ein vierseitiges Interview mit Sebastian Kurz veröffentlicht, in dem dieser ziemlich gekonnt argumentiert, dass die vom politischen Gegner, der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft und Kurz-kritischen Medien erhobenen Vorwürfe völlig substanzlos seien, dann herrscht im ORF absolutes Stillschweigen.

Kein Wort über das spannende und inhaltsschwere Stern-Interview in den Morgenjournalen und im Mittagsjournal, kein Wort in den Teletext-Nachrichten, nichts in der 9-Uhr- und in der Mittags-ZiB, auch nicht in der Hauptnachrichtensendung um 19.30. Auch orf.at ist eine Meldung darüber zu unwichtig. Viele deutsche und österreichische Medien berichteten ausführlich über das Interview. Sogar der nicht gerade Kurz-freundliche Standard berichtet über das Interview. Der ORF nicht.

Zu der „Enthaltsamkeit“ des ORF, über Sebastian Kurz etwas Positives oder wenigstens Neutrales zu berichten, passt gut eine Antwort von Kurz im Interview: Es handle sich um „konstruierte Vorwürfe“. Und er übte auch durchaus nachvollziehbare Kritik an der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft. „Die Unschuldsvermutung steht in der Verfassung, aber Realität ist sie nicht.“

Zu den Beschuldigungen der WKStA sagte der unter Beihilfe des Koalitionspartner und ständigen Querschüssen von Medien wie dem ORF zum Rücktritt gezwungene Kurz: „Natürlich ist das eine Kampagne gegen mich. Ich freue mich auf den Tag des Freispruchs, weil ich mir nichts zuschulden habe kommen lassen.“

Zur Asylpolitik der EU erklärte Kurz: „Am Ende lassen wir die Schlepper entscheiden, wer zu uns kommt. Das ist für die Lage unserer Sozialsysteme und die Sicherheitslage in den europäischen Großstädten nicht gesund.“ Zu den Seenotrettern meinte er: „Wer die einen rettet, gibt den Schleppern die Rechtfertigung, die nächsten Menschen in überfüllte Boote zu laden und sie damit in Lebensgefahr zu bringen.“

Als furchterregend dürften die ORF-Redakteure, der Koalitionspartner und die SPÖ vor allem die Äußerungen zur VP-FP-Koalition empfunden haben. Kurz: „Mit der FPÖ haben wir am meisten für Österreich vorangebracht.“ Zu den entscheidenden Fehlern von Sebastian Kurz dürfte gehört haben, den seit Jahren linkslastigen und einseitigen ORF nicht gemeinsam mit der FPÖ zur gesetzlich vorgeschriebenen Objektivität in der politischen Berichterstattung gedrängt zu haben.

„Er hat es immer noch drauf: Händeschütteln, Nähe erzeugen. Kaum hat Sebastian Kurz, 36, jüngster Altkanzler aller Zeiten, das Hotel in der Wiener Innenstadt betreten, scharen sich Hotelmitarbeiter um ihn und geben sich als Bewunderer zu erkennen“, schreiben die Stern-Redakteure Gregor Peter Schmitz und David Baum über ihr Zusammentreffen mit Kurz. Auch in Deutschland sei Kurz, obwohl Österreicher, ein Hoffnungsträger gewesen, über den die Bild-Zeitung einmal schrieb: „So einen brauchen wir auch.“

So betrachtet ist es nicht erstaunlich, dass viele politische Gegner und Kurz-Feinde wie der ORF nichts mehr fürchten als eine Rückkehr von Sebastian Kurz in die Politik. Vielleicht lässt er sich von einer taumelnden ÖVP doch noch einmal dazu überreden. Aber vielleicht arbeitet ohnehin schon eine Meinungsforschungsagentur an der Frage, mit wieviel Prozent der Wählerstimmen eine türkise ÖVP mit Sebastian Kurz an der Spitze bei einer Nationalratswahl abschneiden würde.