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Werner Reichel
 

Politische Funktionen hat er keine mehr. Trotzdem ist Ex-Vizekanzler H.C. Strache in den Medien omnipräsent. Es wird nicht nur über ihn bzw. über das Ibiza-Video und die sogenannte Casino-Affäre berichtet, auch er selbst meldet sich immer wieder zu Wort. Dafür nutzt er auch die sogenannten alternativen und vor allem die sozialen Medien. Über Facebook kommuniziert er ohnehin fast täglich schriftlich oder per Bewegtbild.

Das hat für Strache den Vorteil, dass er nicht mit Fangfragen, Untergriffen, bösen Überraschungen, also mit unfairer Behandlung rechnen muss, dass er nicht Journalisten gegenübersitzt, die ihn, seine Politik und sein Umfeld hassen und bekämpfen. Dass dem so ist, wird von diesen Journalisten ohnehin nur pro forma und halbherzig bestritten.

Vom Wochenblick, dem er ein ausführliches Video-Interview gegeben hat, wird Strache etwa so behandelt wie Werner Kogler vom ORF. Dass H.C. Strache, nach allem was in den letzten Wochen geschehen ist, lieber mit Medien kommuniziert, die ihm näherstehen als Falter, ORF oder Profil, ist nachvollziehbar und verständlich.

Ist das eine gute Strategie? Eine, die auch für aktive Politiker sinnvoll sein könnte? Schließlich gelten alternative Medien bei ihren großen Konkurrenten gemeinhin als Fake-News- oder Propagandamedien, genießen einen eher zweifelhaften Ruf. Und das ist noch freundlich ausgedrückt.

Diese Frage lässt sich nicht eindeutig beantworten. Für linke Politiker stellt sie sich erst gar nicht, da sie sich in einer Medienlandschaft mit schwerer linker Schlagseite bewegen, sie also fast ausschließlich von Gesinnungsgenossen und Freunden umgeben sind. Und nein, das ist keine Verschwörungstheorie. Dass Journalisten zum Großteil politisch links bzw. weit links stehen ist mittlerweile durch zahlreiche empirische Studien belegt.

Linke und Mittelinks-Politiker leben und agieren in einer medialen Komfortzone. Journalisten und Politiker verfolgen dieselben Ziele, zudem gibt es im deutschsprachigen Raum praktisch keine Trennung mehr zwischen Meinung und Information. Neutrale Nachrichten ohne Wertungen und Meinungen sind in unseren Breiten praktisch nicht mehr zu bekommen. Zumindest nicht von den Mainstream- und den Haltungsmedien. Und diese Meinungen und Wertungen haben fast ausnahmslos dieselbe Schlagseite, dieselbe Stoßrichtung.

Nur aus diesem Grund können auf linker Seite auch politische Leichtgewichte wie Rendi-Wagner oder Sympathieträger wie Thomas Drozda zumindest eine Zeit lang überleben. Würde die SPÖ-Chefin so behandelt werden wie bürgerliche oder rechte Politiker, sie würde vermutlich keine Woche überstehen. Man erinnere sich an Eva Glawischnig, die sich beim ersten zarten medialen Gegenwindchen furchtbar über die Medien beschwerte und kurz darauf das Handtuch warf.

Linke Politiker meiden Medien, die sie selbst als konservativ, rechts oder „neo“liberal einstufen. Ein Werner Kogler gibt unzensuriert.at oder Tichys Einblick kein Interview. Warum sollte er sich auch kritischen Fragen aussetzen, wenn er mit ihm freundlich gesinnten Medien wesentlich mehr Menschen erreichen kann? Linke Politiker können es sich leisten, jene Medien zu ignorieren, die nicht auf ihrer politischen Linie liegen. Das ist aufgrund der Medienlandschaft mit ihrer linken Schieflage kein großer Nachteil für Sie.

Trotz ihres steilen Sinkfluges verfügen die linke Mainstreammedien noch immer über eine ungleich größere Reichweite als die alternativen. Wozu sich also einem kritischen Interviewer stellen. Das ist ein Luxus, von dem nichtlinke Politiker nur träumen können. Sie sind drauf angewiesen, zumindest glauben das die meisten, auch mit Medien kommunizieren zu müssen, von denen sie gehasst und gedisst werden, um eine relevante Reichweite für ihre Botschaften zu erzielen.

Für eloquente, schlagfertige und intelligente Politiker ist das grundsätzlich kein Problem. Man denke etwa an Jörg Haider, dem es stets gelang, selbst bestens vorbereitete ORF-Interviewer vorzuführen oder in einseitig besetzten ORF-Diskussionsrunden zu punkten. Das gilt auch - mit gewissen Abstrichen - für einen Herbert Kickl oder Sebastian Kurz.

Doch die wenigsten Politiker sind so talentiert, so schlagfertig, so sattelfest. Für sie ist das Risiko extrem hoch, dass ein Interview unter solchen Rahmenbedingungen zum Desaster wird. Wir haben es schon des Öfteren erleben dürfen oder müssen.

Für die meisten nichtlinken Politiker wäre es daher die klügere Strategie, linke Mainstreammedien weitgehend zu meiden. Niemand ist verpflichtet, mit dem ORF oder dem Falter zu sprechen. Daran ist auch nichts Verwerfliches, das ist auch demokratiepolitisch unbedenklich. Selbstverständlich kann sich jeder aussuchen, mit welchen Medien oder Journalisten er redet und mit welchen nicht.

In Zeiten der sozialen Medien braucht man die alten Print- und Linearmedien mit ihren politisch korrekten Gate-Keepern ohnehin nicht mehr, um seine Botschaften zu verbreiten. Abgesehen davon handhaben es die linken Politiker seit jeher so. Bei ihnen fällt es nur deshalb nicht auf, weil die meisten Medien ohnehin links sind.

Donald Trump ist mit dieser Medienstrategie extrem erfolgreich. Auch wenn linke Journalisten aus Selbstschutz anderes behaupten. Und, je mehr Politiker sie anwenden, desto mehr verschieben sich die medialen Machtverhältnisse. Es geht hier nämlich um Macht. Oder, wie es Trump ausdrücken würde, um einen Deal. Ein CNN-Interview ist für Trump ein schlechter Deal. Auf diesem Sender kommt er nie gut weg und die CNN-Reichweiten sind mittlerweile im Keller.

Auch Matteo Salvini kommuniziert primär mittels Videos, die er über Facebook verbreitet, oder ganz direkt mit den Menschen. Ohne die sonst üblicherweise dazwischengeschalteten linken Meinungsfilter. Er ist damit ebenfalls erfolgreich. Zum Ärger der linken Medien- und Meinungsmacher. Und, das ist nicht – wie linke Medien gerne unterstellen – Zensur oder eine Einschränkung der Pressefreiheit. Schließlich können und dürfen diese Medien in Italien, den USA oder Österreich ungehemmt und ungehindert über nichtlinke Politiker giften. So viel sie wollen. Warum sie also noch extra füttern?

Es ist für einen Politiker eine einfache Kosten-Nutzen-Rechnung, mit welchen Medien man kommuniziert. Noch dazu, wo die klassischen Medien an Reichweite verlieren. Sie werden immer unattraktiver. Reichweite ist schließlich die Währung der Medien.

Und die bricht gerade weg. Besonders dramatisch ist es bei den Nachrichtenmagazinen: Laut aktueller Auflagenkontrolle (1. Halbjahr 2019) verkauft News nur noch 77.000 Hefte pro Ausgabe. Im ersten Halbjahr 2018 waren es noch über 82.000. Auch der Sinkflug des Profils geht weiter. Mittlerweile beträgt die Flughöhe nur noch knapp 54.000 Stück.

Es macht für einen nichtlinken Politiker keinen Sinn, diesen beiden Medien noch Interviews zu geben. Sie sind aufgrund ihrer mageren Reichweiten einfach nicht mehr wichtig genug. Natürlich greifen sich linke Medien gegenseitig unter die Arme. Man hat schließlich dieselben Probleme. So werden viele Geschichten des auflageschwachen Falters von den anderen Medien, vor allem vom ORF, übernommen und verstärkt. Allerdings verliert der gesamte linke Mainstream an Reichweite und Bedeutung. Deshalb wird auch die Berichterstattung immer tendenziöser und aggressiver. Man schlägt wild um sich.

Diesen Prozess können nichtlinke Politiker aller Schattierungen beschleunigen, indem sie diese Medien ignorieren. Mit dem bei vielen konservativen Politikern beliebten Anbiedern stützt man sie, verleiht ihnen eine Bedeutung, die sie längst nicht mehr haben. Außerdem: So sehr kann sich ein blauer oder türkise Politiker gar nicht bei Falter und Co. einschleimen, dass er von diesen fair behandelt werden würde.

Umgekehrt gilt: Je mehr Politiker mit Blogs, alternativen Medien und unabhängigen Journalisten kommunizieren, ihnen Interviews geben, sie mit Exklusiv-Infos versorgen etc., desto mehr werden diese aufgewertet.

Und ein halbwegs bekannter Politiker erreicht mit einem Facebook-Video mittlerweile deutlich mehr Menschen als mit einem Profil-Interview. Profil oder News sind zu Nischenmedien abgesunken, die ihre schrumpfenden Zielgruppen mit den passenden Meinungen und Haltungen versorgen. Soll sein, unterstützen muss man das aber nicht.

Doch Politiker sind genauso träge wie die Werbewirtschaft. Nach wie vor wird um viel Geld in Printmedien inseriert, obwohl man kostengünstiger im Internet größere Reichweiten mit weniger Streuverlusten erzielen kann.

Bei den Politikern kommt der Vorteil dazu, dass man sich nicht mit gehässigen Journalisten auseinandersetzen muss. Auch wenn es durchaus dubiose alternative Medien gibt, ist diese Strategie zielführend. Sie würde zudem helfen, dass die Medienlandschaft wieder die gesellschaftlichen Verhältnisse abbildet. Derzeit steht einer bürgerlich-konservativen Mehrheitsbevölkerung eine linke Medienlandschaft gegenüber. Was ein Grund für die Krise der alten Medien ist.

Es liegt sowohl an den Konsumenten als auch an den Politikern, das zu ändern. Was nutzen linke Propagandamedien, die mit Gebühren, Förderungen oder Inseraten künstlich am Leben erhalten werden, wenn diese kaum noch Menschen erreichen. Trotzdem gibt es viele Politiker im blauen und türkisen Lager, die nach wie vor ORF, Falter und Co. hofieren. Man will von den linken Meinungsmachern geliebt und geachtet werden. Um dieses unerreichbare Ziel zu erreichen, ist man bereit, all diese Nachteile in Kauf zu nehmen, sich immer und immer wieder vorführen zu lassen.