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Werner Reichel
 

Aufregung in der LGBTQ-Community in Deutschland. Wie bitte? Nochmals: Ein paar semiprominente Drag-Queens, Transvestiten und Queere (bitte googeln) echauffieren sich gerade öffentlichkeitswirksam. Der Grund: Der deutsche Trash-Sender Pro7 plant, was man früher Container-Show nannte. Man sperrt Menschen in einen Container - neuerdings ist es zumeist eine Villa -, gibt ihnen infantile Aufgaben und sieht dabei zu. Ein ranziges TV-Konzept aus dem Jahre Schnee.

Neu ist diesmal, dass es sich nicht um die üblichen C-Promis, Nackerten, Sozialfälle, Karaoke-Sänger oder Singles, sondern um sogenannte Drag-Queens handelt, die sich vor den Kameras exhibitionieren. Mit dabei Conchita Wurst. So weit, so unspektakulär. Der Skandal an der Geschichte, die Show wird von Moderatorin Hedi Klum moderiert. Und Heidi Klum hat einen Makel. Sie ist eine „heteronormative weiße Frau“.

Eine Show mit Männern, die sich als Frauen verkleiden, darf nur ein Mann, der sich als Frau verkleidet, moderieren und damit Geld verdienen, so das Argument und die dahinterstehende Logik. „Wir sehen es als problematisch an, dass eine heteronormative weiße Frau, die bisher keinerlei nennenswerte sichtbare Verbindung zur Drag-Community hatte und bisher auch nicht das Leben einer Drag gelebt hat, nun der deutschen Version der wahrscheinlich erfolgreichsten queeren Sendereihe vorsitzen soll und damit Geld verdienen wird. Dies geht unserer Ansicht nach über eine 'kulturelle Aneignung' hinaus, wir sehen dies als kulturellen Missbrauch", schreiben zwei „Berliner Szenegrößen“. Sie haben eine Online-Petition gestartet. Alle deutschen Medien berichten. Offenbar eine große Sache.

Es geht um „kulturelle Aneignung“, um „cultural appropriation“. Das bedeutet, wenn sich ihr Bub beim Faschingsfest im Kindergarten als Indianer verkleidet oder sie Kichererbsenbällchen verdrücken und dazu Mango-Lassi trinken, ist das hochproblematisch und schwer rassistisch. Das Zentralorgan der deutschen Linken, Die Zeit, klärt auf ihrem Onlineportal ze.tt auf:

„Egal wie gut du es gemeint hast, wenn du das, was du als Stammeskleidung siehst, als Kostüm trägst, machst du mehr als ein Kostüm zu tragen. Du stellst altehrwürdige Traditionen und Bräuche sowie religiöse Kulte unterdrückter, rassistisch verfolgter und teilweise durch den Kolonialismus ausgerotteter Kulturen aus Spaß zur Schau.“ Deshalb empfiehlt die Zeit: „Niemand will euch den Spaß verderben, wirklich nicht. (…). Her mit einer zeitgemäßen Kostümierung! Einer, die keinen verletzen könnte. Ein Donut zum Beispiel. Oder eine Zimmerpflanze. Oder eine Sardine.“

Echt. Sardine geht noch? Ob diesen Text ein Veganer oder jemand von Greenpeace gegengelesen hat? Und sich als Donut zu verkleiden, ist sicher lustig und auch gar nicht unbequem. Aber kommt so ein Schoko-Donut nicht irgendwie sexistisch rüber?  Ja, die politische Korrektheit ist ein Minenfeld.

Das Konzept der kulturellen Aneignung geht auf den Sammelband „What White People Are Taking From Black Culture“, erschienen in den USA im Jahr 2003, zurück. Wir bösen heteronormativen Weißen eignen uns demnach die Leistungen fremder Kulturen bzw. Subkulturen an, beuten sie aus, unterdrücken sie. So wie Heidi Klum die armen Dragqueens ausbeutet: „(…)und damit Geld verdienen wird.“ Wobei sich die Frage stellt, inwieweit es im Zusammenhang mir einer Dragqueen-Show problematisch ist, dass Frau Klum "weiß" ist? 

Aber egal ob Drag-Queens, Lesben, Frauen, Massai, Schwule, Radfahrer, Muslime, Punks, Araber, Polyamouröse, Inuit, Fettleibige und was auch immer: Das hört nie auf und ist stets eine Einbahnstraße.

Umgekehrt ist kulturelle Aneignung nämlich völlig wurscht. Was die heteronormativen Europäer so erfunden, entwickelt und kulturell geleistet haben, ist - zugegebenermaßen - auch recht dürftig.

Wer kulturelle Aneignung kritisiert, reproduziert nur jene Klischees, die er angeblich bekämpfen will. In Wahrheit geht es ohnehin nur um das Monopol in Sachen Opferstatus. In unserer politisch korrekten Gesellschaft ist die Inszenierung als Opfer, als Verfolgter, als Unterdrückter ein lohnendes Geschäftsmodell, bringt Aufmerksamkeit und Anerkennung. Jeder will irgendein Opfer sein. Was sehr viel über unsere Gesellschaft aussagt, wo ein Opfer eine höheres Ansehen als ein Held genießt. Man spricht nicht ohne Grund von einer postheroischen Gesellschaft.

Man versucht von seinem angenommenen Opferstatus zu profitieren. Deshalb werden die mittlerweile unzähligen Minderheiten immer benachteiligt bleiben, egal wie viel Sonderrechte, Transferleitungen, Förderungen, Initiativen, Maßnahmen oder Quoten es für sie gibt. Als von den Priestern der politischen Korrektheit anerkanntes Opfer, anerkannte Minderheit, lässt es sich im Westen gut leben. Und weil so ein Opfer zwangsläufig einen Täter, ein Unterdrückter einen Unterdrücker braucht, bleiben am Ende des Tages nur die Steuer zahlenden heteronormativen Weißen übrig, vor allem jene mit der falschen Gesinnung. Sie sind für all das Leid und die Unterdrückung auf unserem Erdenrund verantwortlich. Sie sind, unabhängig von allen demographischen und gesellschaftlichen Entwicklungen, per se die unterdrückende Mehrheit, weil diese Täter-Opfer-Konstellation im politisch korrekten Weltbild unverrückbar ist. Ganz Deutschland macht darum Jagd auf die immer seltenerer werdenden Rechten, weshalb die Definition, wer ein Rechter ist, immer weiter ausgedehnt werden muss. Den Unterdrückten gehen langsam die Unterdrücker aus.

Zurück zu Heidi Klum, den Drag-Queens und zu ze.tt. Dort schreibt ein junge Redakteurin: „Ich hätte es weitaus passender gefunden, Jury-Anwärterin Conchita Wurst an die Spitze der Show zu setzen. Conchita steht seit Jahren für LGBTQ-Rechte ein und verkörpert das, wofür die europäische Dragszene steht. Vermutlich war das für ProSiebenSat.1 zu heikel – aber was kann man schon vom deutschen Privatfernsehen erwarten?“

Ja, das böse, reaktionäre deutsche Privatfernsehen. Was kann man sich von den Rassisten, Rechten und Ewiggestrigen, die dort arbeiten, erwarten? So sehr sich die politisch korrekten Medienmacher auch an den neosozialistischen Zeitgeist anbiedern, es wird nie ausreichen, es wird immer weitergehen. Aber das kapieren sie nicht einmal dann, wenn sie trotz aller geistigen Verrenkungen und Anpassungen plötzlich selbst als Rechte, als Ausbeuter, als heteronormative Weiße am Pranger stehen.