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Werner Reichel
 

Nach Vera Russwurm will sich die türkis-blaue Regierung das nächste in die Jahre gekommene ORF-Gesicht ins Boot holen. Tom Turbo soll "Digitalisierungs-Botschafter" für ÖVP-Ministerin Margarete Schramböck werden. Was befähigt den ORF-Berufsjugendlichen dazu? Okay, immerhin hat Thomas Brezina für sein Phantasie-Fahrrad Tom Turbo mehr als 111 Tricks entwickelt. Darunter den „Turbo Saug- und Blasetrick“, das „Turbo Lasso“, den „Turbo Kitzelstrahl“ und den „Turbo Stimmerkennungstrick“. Vermutlich hat der „Turbo Zeitsprungtrick“ den Ausschlag für Schramböck gegeben.

Jetzt soll Brezina der Turbo für die österreichische Digitalisierung werden. Hofft Frau Schramböck. Vermutlich hat Brezina so viel Ahnung von der digitalen Welt wie jene Politiker, die bei jeder unpassenden Gelegenheit wolkig von der notwendigen Digitalisierung phantasieren. Nur nebenbei: In Südkorea ist Digitalisierung nicht mehr das große Ding, dort sucht man nach neuen Wachstumsmotoren und setzt vermehrt auf Biotech. Egal, wenn das irgendwann auch zu uns kommen sollte, kann ja Maggie Entenfellner den Biotech-Botschafter machen.

Zurück zu Tom Turbo: Man hätte auch jemanden engagieren können, der etwas von der Materie versteht. Solche Leute soll es auch in Österreich geben. So ferne man überhaupt einen staatlichen Botschafter der Herzen, für Digitalisierung, Kuhmilch oder was auch immer braucht. Aber Schramböck schwört auf Brezina, der sei ein „großes Vorbild" und ein „Influencer". Thomas Brezina, ein Influencer? Da lacht sogar die Knickerbocker-Bande. Vielleicht darf ja Frau Schramböck künftig mit Tom Turbo ja ins Ministerium radeln.

Immerhin gibt es für Brezina gewisse Synergieeffekte. Er ist bereits „Botschafter der Freude“. Sagt zumindest sein Verlag. Das passt: der freudige Digitalisierungsbotschafter. Da ist der braven ÖVP-Ministerin ein echter Wurf gelungen.

Im Ernst: Was erwarten sich die Minister mit dem Engagement von ORF-Stars aus vergangenen Tagen? Hat man so wenig Selbstbewußtsein, dass man sich mit Brezinas und Russwurms schmücken muss? Setzt man bei Brezina und Russwurm tatsächlich auf den Halo-Effekt? Will man sich damit bei den Linken einschleimen, sich ein bisserl Sympathie erbetteln. Schließlich wollen auch viele ÖVP- und FPÖ-Minister und vor allem die Ministerinnen von den Medien- und anderen „wichtigen“ Leuten geliebt werden. Und gegen einen Brezina kann selbst ein Armin Wolf, Florian Klenk oder ein Robert Menasse nichts haben. Und sympathischer als der Herr Konrad ist Brezina allemal.

Will man den Linken zeigen, es gibt auch Medien- und ORF-Leute, die uns nicht zum Kotzen finden, die sich - wenn auch nicht gerade selbstlos – in unser Nähe trauen? Man versucht etwas vom verblassenden Image, der schwindenden Popularität und dem matt gewordenen Glanz alternder ORF Stars abzubekommen.

Dieser Anbiederungsversuch an die Linke, weil diese noch immer über die Meinungshoheit in den Medien, der Kultur und der sogenannten Zivilgesellschaft verfügt, ist wenig selbstbewusst und etwas erbärmlich. Die Ministerinnen sollten sich ein Beispiel an Sebastian Kurz und Herbert Kickl nehmen. Als konservativer oder rechter Politiker muss man von den Linken gehasst werden. Was sonst?

Man kann nur hoffen, dass die auf sich warten lassende ORF-Reform nicht von solchen Gedanken und Eitelkeiten beeinflusst wird. Zu befürchten ist es. Und Wendehälse gibt es genug, in der Politik und in den Medien. Einen Schlussstrich zu ziehen, wäre für die Regierung wesentlich sinnvoller, zumal die Strahlkraft alter ORF-Stars und des ORF an sich eher überschaubar ist. Auch ein Josef Broukal oder Eugen Freund waren für die SPÖ kein Turbo, sondern ein Schuss ins Knie.

Die Angst der Gratiszeitung Heute ist jedenfalls unbegründet: „Entscheidet der ORF, dass diese Jobs unvereinbar sind (und Schramböck holt tatsächlich Brezina), dann sehen Österreichs Kinder in Zukunft von ‚Tom Turbo‘ wohl nur mehr die Rücklichter.“

Keine Sorge, die österreichischen Kinder sehen Tom Turbo schon lange nicht mehr, sie schauen sich auf YouTube und Co. die echten Influencer an.