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Kurt Ceipek
 

Der EU-Parlamentswahlkampf ist mit aller Vehemenz eröffnet – zumindest vom ORF. Das begann am Samstag mit Grünen-Chef Werner Kogler, der „im Journal zu Gast“ harmlos aber auch hilflos dahinschwadronieren durfte. Und dass an zweiter Stelle bei den Grünen die Wiener Köchin Sarah Wiener kandidieren möchte, zählte in unzähligen ORF-Nachrichten in TV, Hörfunk und Internet zu den Spitzenmeldungen.

Dabei beweisen die ORF'schen Sendungsmacher ihre Äquidistanz zu anderen Parteien. Soferne diese anderen Parteien links oder grün sind. In der etwas seltsamen Sendung „Europa Backstage: Hinter den Kulissen“ durfte der einstige grüne EU-Parlamentarier Johannes Voggenhuber knapp fünf Minuten lang die Wahlwerbetrommel für sich rühren. Das war rührend.

Klar, dass der gebürtige Salzburger, der an Österreich offensichtlich vor allem den Wiener Naschmarkt liebt, die Gelegenheit nutzte, um gegen „die Wiederauferstehung des Nationalismus in Europa“ und des „autoritären Denkens“ zu warnen, vor dem er Österreich, Europa und die Welt bewahren will.

Dass er als führender Grüner vor der EU-Volksabstimmung 1994 zu den vehementesten EU-Kritikern zählte, stellt er heute etwas anders dar: „Ich war immer ein glühender Europäer!“ Seine Partei hatte sich jedoch in Wahrheit erst dann der damaligen Volksmeinung angeschlossen, nachdem die Österreicher mit überwältigender Mehrheit für den Beitritt gestimmt hatten.

Das ist zwar genau jener Populismus, der heute von heimischen Linken so verachtet und verurteilt wird, aber Populismus ist nur böse, wenn er von Rechten praktiziert wird. Voggenhuber im O-Ton: „Wenn es mir nicht gelingt, die EU von außen zu verändern, dann eben von innen.“ Das hat der Grüne im EU-Parlament von 1995 bis 2009 getan, ehe ihn seine Partei hinauskomplimentierte. Wofür er sich jetzt rächt und den Grünen wahrscheinlich entscheidende Stimmen absaugen wird.

Der Backstage-Beitrag bescherte den (vermutlich sehr wenigen) Zusehern unerwartete Erkenntnisse. Voggenhuber verriet, dass es im EU-Parlament nach gar nichts riecht, während ihm der Naschmarkt multikulturelle Gerüche beschert, weshalb er bei jedem Stand etwas kauft, wofür ihn die Verkäufer lieben und freundlich grüßen. Wahrscheinlich wählen ihn auch einige dieser Standler, denen der Herr Voggenhuber schon die Hand gereicht hat.

Man darf sicher sein, dass die Spitzenkandidaten von Grünen, Neos und SPÖ von „Europa Backstage“ auf ähnlich peinliche Weise präsentiert werden wie der Uralt-Grüne. Viele erinnert Voggenhuber ja an die legendären Balkon-Muppets Statler und Waldorf. Seine Ähnlichkeit mit Statler ist tatsächlich bemerkenswert.

Interessant wird dann sein, wie der ORF die bösen türkis-blauen Kandidaten präsentieren wird. Wobei ja ÖVP-Spitzenkandidat Othmar Karas eine Zwitterrolle spielt. Er ist im ORF einerseits beliebt, weil er gerne gegen die Kurz-Regierung und noch mehr gegen den Koalitionspartner FPÖ lästert, andererseits aber eben doch ein „Schwarzer“ ist.

Aber egal. Ein Einfluss von „Europa Backstage“ oder Hörfunk-Journalsendungen auf das Wahlergebnis ist unwahrscheinlich, weil diese Sendungen ohnehin mehr oder weniger unter Ausschluss der Öffentlichkeit ausgestrahlt werden.