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Werner Reichel
 

Wenige Tage vor der Medienenquete des Bundeskanzleramtes am 7. und 8. Juni hat der Verband Österreichischer Privatsender (VÖP) ein umfangreiches Positionspapier vorgelegt. Der 19-seitige Forderungskatalog enthält einige diskussionswürdige Vorschläge zur Reform des ORF:

  • Präzisere Formulierung des öffentlich-rechtlichen Auftrages;
  • Alle TV-Programme des ORF müssen zu jeweils 20 Prozent aus Information, Unterhaltung, Kultur und Sport zusammengesetzt sein;
  • Öffnung der ORF-Medienarchive für andere Anbieter;
  • Kooperationen des ORF bei Großveranstaltungen mit anderen Medien;
  • Zumindest eine der insgesamt 4 UKW-Frequenzketten (Ö1, Regionalradios, Ö3 und FM4) soll für Privatsender bereitgestellt werden. Der davon betroffene ORF-Sender kann über DAB+ weitersenden;
  • Abschaffung der Rundfunkgebühren, ORF soll aus dem Bundesbudget finanziert werden;
  • Werbung im ORF soll schrittweise zurückgefahren werden;
  • Werbegelder sollen zweckgewidmet werden.

Der ORF, der seine „wohl erworbenen“ Rechte und Pfründe nicht nur nicht verlieren möchte, sondern aus alter Gewohnheit immer weitreichendere Forderungen an Politik und Gebührenzahler stellt, ist von diesen Vorschlägen wenig begeistert. In trotzigem Ton lässt er verlauten: „Leider hat es der VÖP (…) nicht geschafft, wesentliche neue Vorschläge im Sinne der Weiterentwicklung und Zukunftssicherung der österreichischen Medienlandschaft zu formulieren.“

Was die österreichische Medienlandschaft weiterbringt, bestimmt der ORF. Das war Jahrzehnte lang tatsächlich so, aber die Zeit ist außerhalb des ORF nicht stehen geblieben. Das sollte man auch am Küniglberg langsam zur Kenntnis nehmen. Im ORF ist man unrettbar in alten Denkmustern gefangen, hängt längst überholten Ideen und Vorstellungen nach, hofft auf ein baldiges Comeback der Sozialisten und glaubt an seine eigene Propaganda: Österreich und die Österreicher brauchen den ORF. Ohne einen möglichst großen, marktbeherrschenden und starken öffentlich-rechtlichen Rundfunk wären Demokratie, sozialer Frieden, die österreichische Identität, Kultur und Qualitätsjournalismus in akuter Gefahr.

Viele ORF‘ler sind davon wirklich überzeugt. Dass sie in einer anachronistischen, aufgeblähten und jährlich hunderte von Millionen Euro verschlingenden geschützten Rundfunkwerkstätte arbeiten, für deren politisch gefärbten Output und altbackene Unterhaltungsformate sich immer weniger Menschen interessieren, können und wollen sie nicht akzeptieren. Obwohl die Zahlen eine eindeutige Sprache sprechen.

Ganz im Gegenteil, man glaubt tatsächlich an seine eigene Wichtigkeit, eine eigene gesellschaftspolitische Aufgabe und kämpft für noch mehr Gebühren, noch mehr Programme und Sender, noch mehr Aufgaben und Macht. Und das alles „für die Mänschen“. Doch die Argumente, die der ORF mehr oder weniger unverändert seit Jahrzehnten in die Diskussion wirft, um seine marktverzerrende und meinungsbeeinflussende Position zu halten bzw. auszubauen, haben sich abgenutzt. Früher mussten die deutschen Medienkonzerne als übermächtiger Außenfeind herhalten, der Österreichs Medienlandschaft und Demokratie bedroht, heute sind es Google, Netflix und Facebook. Tja, immer diese bösen Ausländer …

Nur, für die jungen Österreicher haben die vom ORF gepflegten Feindbilder einen wesentlich höheren Nutzen und Stellenwert als der überkommene Staatsfunk. Da hilft kein Jammern und kein Wehklagen. Außerhalb der Anstalt werden die Gründe, warum „WIR“ einen ORF zu brauchen haben, nur noch von Menschen geglaubt, die von jenem System und jenen Netzwerken profitieren, in die auch der ORF mit eingebunden ist und deren Interessen und Ziele er so vehement verfolgt. Doch die einst so mächtigen Verbündeten der Anstalt stecken selbst in einer existenziellen Krise.

Das linke Parteienspektrum und sein Umfeld befinden sich in einem desaströsen Zustand. Die de facto führungslose SPÖ, die linke Kasperl- und Chaostruppe von Peter Pilz und die ertrinkenden Grünen sind, so wie auch der Staatsfunk, vor allem mit ich selbst und mit ihrem Überlebenskampf beschäftigt. Ihr Nutzen für Land und Gesellschaft ist kaum noch zu erkennen. Die SPÖ und ihre kleinen Satellitenparteien sind genauso wie der ORF aus der Zeit gefallen, finden keine brauchbaren Antworten, Lösungen und Strategien mehr auf die Herausforderungen unserer Zeit. Wrabetz, Kern, Pilz, und Kogler sind tragische Figuren, Kapitäne von Schiffen, die leck geschlagen oder längst auf Grund gelaufen sind.

Ihre Partei- und TV-Programme sind zu Ladenhütern verkommen, auch wenn man sie - so wie der schnittige Ex-Kurzzeitkanzler - gerne modisch verpackt. Ranzige Ware lässt sich auch mit flotten Sprüchen nicht mehr an den Mann bringen. Seine Aufgabe und Daseinsberechtigung hat die absterbende Linke darin gefunden, die Arbeit der neuen und bei der Bevölkerung beliebten rechtskonservativen Regierung schlechtzureden und die Reformen im Rahmen der eigenen Möglichkeiten zu blockieren und zu behindern. Zu mehr ist man nicht mehr imstande. Schlechte Verlierer.

Es ist also auch im Sinne des ORF, seiner tausenden Mitarbeiter und von ihm finanziell Abhängigen, wenn man dem verknöcherten Rotfunk grundlegende Reformen verordnet. Würde man Wrabetz und Co. weiterwurschteln lassen wie bisher, oder gar noch mehr Zugeständnisse machen, dann ist sein Ende ohnehin absehbar. Mit linker Propaganda, mit als Journalismus getarntem Polit-Aktivismus und der Verbreitung linker Ideen und Konzepte lässt sich heute kein Blumentopf mehr gewinnen. Man muss, wenn man tatsächlich glaubt, öffentlich-rechtlicher Rundfunk sei notwendig, den ORF vor sich selbst retten.

Auch wenn der Rotfunk in seiner Stellungnahme zum VÖP-Positionspapier großspurig schreibt, die Privatsender würden „die beliebtesten Sender der Österreicher und Österreicherinnen von ihrem Publikum trennen und marginalisieren wollen“, so übersieht er dabei, dass es dafür gar keine Privatsender oder „böse“ Reformen braucht.

Denn immer weniger Österreicher schauen sich an, was  der ORF für ihr gutes Geld im TV so vor sich hinsendet. Laut TV-Media lag der Marktanteil von ORF1 und ORF 2 im Mai bei desaströsen 28,9 Prozent. Besorgniserregend für den ORF: auch die Quoten beim älter positionierten ORF2 beginnen einzubrechen. TV-Media: „Dramatisch die Verluste erstmals auch für den ‚Heimatkanal‘ ORF2, minus 1,5 Prozentpunkte verbucht man in der aktuellen Monatsbilanz. Besonders gefährlich: Die ZIB1 um 19.30 Uhr, sonst ‚Anker‘ im Programm, hielt vergangene Woche bei nur mehr 42 Prozent Quote. Ein Alarmsignal, weil vier(!) Punkte unter den internen Vorgaben.“

Der ORF ist gar nicht mehr in der Lage, selbst irgendwelche tragfähigen Zukunftsstrategien zu entwickeln. Würde man die Anstalt sich selbst überlassen, würde sie sehr schnell ein ähnliches Schicksal wie die Grünen, der Konsum oder Nokia erleiden (was nicht das Schlechteste wäre). Insofern sollten Wrabetz und seine Mitarbeiter froh darüber sein, wenn andere jene Reformen planen, die man aufgrund von Egoismus, Selbstüberschätzung, Betriebsblindheit, falscher Berufsauffassung und ideologischer Verblendung selbst niemals auf den Weg bringen würde.