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Werner Reichel
 

Es schlägt ein wie eine Bombe. Freitagfrüh überrascht die Regierung mit ihrer Ankündigung, sieben islamistische Moscheen schließen und zahlreiche Imame ausweisen zu lassen. Die Meldung sorgt weit über die Grenzen des Landes für Aufsehen. Nicht so beim ORF, der versucht sie vorerst möglichst klein zu halten. Kein Wunder, steht der Oppositionsrundfunk doch vor einer schwer zu lösenden Aufgabe: Wie schafft man es, diesen richtungsweisenden und aufsehenerregenden Schritt zu kritisieren und in ein schiefes Licht rücken, wie kann man einmal mehr die ungeliebte Regierung mit Dreck bewerfen, ohne selbst als Islamismusfreund und -förderer dazustehen? Der ORF verharmlost, ignoriert, relativiert und reframt, so wie auch SPÖ und Grüne, seit Jahren islamistische Tendenzen bis hin zu blutigen Terroranschlägen, die laut linkem Narrativ ja nichts mit dem Islam zu tun haben (siehe etwa Graz) und zumeist als Einzelfälle medial verkauft werden.

Aber offen gegen diese längst überfällige Maßnahme Stellung zu beziehen und sich damit auf die Seite des politischen Islam zu stellen, ist selbst für den ORF heikel. Auch die hysterische Kritik und verbalen Ausfälle Erdogans zu übernehmen bzw. wohlwollend zu transportieren wäre kontraproduktiv, zumal seine wüsten Drohungen und Beschimpfungen die Richtig- und Wichtigkeit dieses Schrittes nur unterstreichen und zeigen, wie politisch diese islamischen Institutionen in Österreich sind und wie massiv Druck  aus der Türkei ist. Was also tun?

Die rettende Idee hat Michel Reimon von den Grünen. Wer das ist? Niemand, der wichtig wäre, aber einer der letzten mit einem Abgeordnetensitz, nämlichen im EU-Parlament. Besagter Reimon verschickt kurz nach der Pressekonferenz der Regierung eine Pressemeldung: „Islamistische Moscheen zu schließen kann richtig sein (…) Aber: Seit gestern sind in den türkischen Konsulaten in Österreich als Wahllokale für die Präsidentenwahl offen. Für viele türkische Wahlberechtigten (sic) ist das nun erst recht eine Motivation Recep Tayyip Erdogan zu wählen. Schwarzblau hat den Zeitpunkt der Verkündung mit Absicht gewählt, denn Bundeskanzler Kurz braucht einen starken türkischen Präsidenten als Feindbild für seine Anti-Islam-Kampagne.”

Dieser Schritt von Kurz und Strache könnte, äääh, eventuell, nun ja, vielleicht, unter Umständen, hüstel, hüstel, richtig sein … AAAABER! Es folgt eine Reimon'sche Verschwörungstheorie: Kurz wolle mit dieser Entscheidung vor der türkischen Wahl Erdogan stärken, um damit seine „Antiislamkampagne“ zu befeuern. Wahrscheinlich hat Kurz diesen teuflischgenialen Plan von Trump oder Orban zugeflüstert bekommen. Ob Reimon bei diesem Geistesblitz seinen Aluhut getragen hat, ist nicht überliefert. Jedenfalls greift der ORF die Argumentation von Reimon dankbar auf, andere folgen.

Es mag Grüne und den ORF verwundern und/oder ärgern, aber Österreich ist weder ein islamischer Gottesstaat, noch eine islamische oder osmanische Kolonie, sondern nach wie vor ein demokratischer Rechtsstaat. Weshalb Politik und Behörden ihre Entscheidungen und die Exekution von Gesetzen nicht mit irgendwelchen Wahlterminen in orientalischen Pseudodemokratien abgleichen müssen. Würden sie das tun, was der oberschlaue Reimon empfiehlt, dann kann man den Rechtsstaat gleich begraben.

Genau wegen solcher Aussagen sind die Grünen dort, wo sie hingehören - im politischen Abseits. Nur wer seine Werte selbstbewusst vertritt, die Demokratie nicht nur in Sonntagsreden verteidigt und nicht vor orientalischen Despoten Männchen macht, ist ein echter Demokrat. Im Gegensatz zu den Grünen. Aber es gibt ja noch den ORF, er ist nach wie vor Sprachrohr und Cheerleader der grünen Irrlichter.

Der IGGÖ schlägt - welch Wunder - in die gleiche Kerbe und beschwert sich bitterlich, dass so eine Entscheidung ausgerechnet im Ramadan getroffen wird und damit ein Affront sei. Mit der Trennung von Religion und Staat nehmen es viele Muslime bekanntlich nicht so genau. All diese Beschwerden werden vom ORF auf allen Kanälen genüsslich rauf und runter gespielt. In diesem Fall ohne den sonst obligaten wertenden und kommentierenden Meinungsjournalismus. Das lässt man einfach so stehen. Man weiß warum.

Künftig sollen wohl Strache und Kurz, bevor sie politische Entscheidungen treffen, die Erlaubnis aus Ankara, Teheran oder Dschibuti einholen und darauf achten, dass unsere Gesetze nicht mit irgendwelche orientalischen Bräuchen und Traditionen kollidieren.

Das Positive an einer solchen Eskalation ist, dass sie hilft, die Fronten zu klären. Danach weiß man sehr genau, wer wo steht, wo die Bruchlinie durch die Gesellschaft verläuft, wer die Freunde und Feinde von Demokratie und Freiheit sind. Diese Debatte ist diesbezüglich äußerst erhellend und hilfreich. Zum Abschluss zwei sommerliche Lesetipps für Reimon und die ORF-Mitarbeiter: Michel Houellebecq, Unterwerfung (2015), und Jean Raspail, Das Heerlager der Heiligen (1973).