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Gerhard O. Pascher
 

In den fünfziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts hat der Sendestandard UKW/FM seinen Siegeszug angetreten und dabei nach einem jahrelangen Parallelbetrieb die Mittelwellenausstrahlung mit den vielen Schwächen völlig abgelöst. Dabei wurden die verfügbaren UKW-Frequenzen im Wesentlichen in drei Gruppen für überregionalen, regionalen und lokalen Empfang (mit den entsprechenden maximalen Sendestärken) eingeteilt. Natürlich musste international auch auf die Nachbarländer Rücksicht genommen werden, damit es dabei keine gegenseitigen Störungen gibt.

Bei der von der EU erzwungenen Liberalisierung hat der bisher einzige Programmanbieter ORF noch möglichst viele freie Frequenzen angefordert und auch zugeteilt bekommen, um es den nunmehr möglichen „Privaten“ möglichst schwer zu machen, die Bevölkerung mit neuen Programmen zu versorgen.

Obwohl der UKW-Empfang viele Jahrzehnte als gut beurteilt wurde, gab es durch neue technische Möglichkeiten die Überlegung, auch hier einen bedeutenden Schritt in die digitale Zukunft zu machen. Aus mehreren Varianten hat sich vor einigen Jahren das System DAB+ als das Geeignetste herausgestellt und wird nun von den meisten europäischen Ländern im Test bzw. bereits umfangreich eingesetzt.

Im Wesentlichen sind die Vorteile auf der Programmmacher- und Senderseite die größere Anzahl der Sendeplätze sowie die geringeren Sende- und damit Sendermietkosten. Auf der Empfängerseite gibt es eine größere Programmauswahl, nur störungsfreien Empfang (auch im Auto ohne Umschaltung von Wien bis Bregenz) mit höchster Klangqualität, sowie einige zusätzliche Zusatzdienste (z.B. Interpretennennung, Programmvorschau), ja sogar Bilder könnten im Huckepack mitgesendet und auf entsprechendem Display ersichtlich sein.

Die für die Frequenzvergabe zuständige staatliche Stelle RTR hatte bereits vor einigen Jahren eine Bedarfserhebung gemacht, wobei die beiden Platzhirsche ORF und Krone-Hit die Teilnahme abgelehnt haben, denn mit mehr Anbietern sinken auch die Anteile am ohnehin etwas zurückgehenden Werbekuchen. Lediglich ein neues Jugendprogramm wollte der ORF da unterbringen, was wieder von den „Privaten“ abgelehnt wurde. Trotzdem hat im Mai 1015 ein Versuchsprogramm im Großraum Wien mit 15 Anbietern begonnen, wobei die ORS (50%-Sendetochter des ORF – der Rest gehört Raiffeisen) die Infrastruktur der beiden Sender zur Verfügung stellt. Mangels der Unterstützung der beiden genannten Radiosendeanstalten, der fehlenden Information an die Verbraucher sowie fehlender Werbung für die dafür erforderlichen neuen Empfangsgeräte (meist Kombi für UKW und DAB+) genießt diese Sache in Wien und Umgebung nur ein Nischendasein.

In den vergangenen Monaten hat die RTR eine neue Bedarfserhebung gemacht und das Ergebnis ist ähnlich ernüchternd. Trotzdem will die Behörde demnächst eine Ausschreibung machen, damit ab 2017 – zumindest für die Ballungszentren und entlang der Autobahnen – ein ausreichender Empfang von vorerst 2 mal 15 = 30 (oder doch 45?) Programmen möglich wird. Von den meisten Medien (ausgenommen „Standard“) und vor allem vom ORF werden alle diesbezüglichen Nachrichten ignoriert, sogar die „Presse“ – zu deren Konzern die Antenne Steiermark und Kärnten gehört – schweigt dazu.

Vor einigen Tagen hat RTR die nun vorliegende Marktanalyse (siehe unten) ins Netz gestellt, sodass sich jeder ausführlich informieren kann. Sicher will die Behörde aber nicht mittels Zwang (wie es leider bei der analogen Abschaltung des TV-Sendestandards auf DVB-T und nun neuerlich auf DVB-T2 der Fall war), eine Umstellung vorschreiben, hofft aber doch, dass sich die Verantwortlichen nicht dem neuen und besseren System verschließen werden.

Beispielsweise ist man in Deutschland, Großbritannien, Schweiz und Norwegen schon viel fortschrittlicher, in den beiden letztgenannten Staaten wird bereits ein Abschalttermin für UKW ins Auge gefasst. Übrigens: in Vorarlberg kann man bis zu 60 DAB-Sender aus Deutschland und der Schweiz empfangen, wobei sogar teilweise die österreichische Sendeanlage am Pfänder(!) mitbenutzt wird.

Vielleicht ändert sich nach der Wahl des neuen ORF-Generaldirektors etwas, denn die genannte ORF-Sendetochter ORS wäre sicher schnell in der Lage, das erforderliche Sendenetz aufzubauen. Natürlich wird es auch dann noch viele Jahre einen Parallelbetrieb auf UKW geben, damit alte Radiogeräte noch benützt werden können. Daher müssen sich die Mobilfunkbetreiber noch einige Jahre für die dann freiwerdenden Frequenzen gedulden, auch wenn dort schon größer Bedarf infolge des rasant gesteigerten Datenverkehrs besteht. Neuanschaffungen von Rundfunkempfangsgeräten sollte man aber nur mehr für beide Empfangssysteme geeignet (also DAB+ und UKW) tätigen.

Siehe auch das eben erschienene Buch: „Einführung von Digitalradio in Österreich“ von Dr. Berthold Heil (226 Seiten).