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Werner Reichel
 

Während in den Online-Medien und den sozialen Netzwerken Van der Bellen bereits als neuer Präsident abgefeiert wird, versucht der ORF die Spannung noch künstlich hoch zu halten. Tarek Leitner spricht von einem Kopf an Kopf Rennen mit nach wie vor ungewissem Ausgang. Der Sieger stünde noch nicht fest, behauptet er. Doch das nimmt Herrn Leitner ohnehin kein Zuseher ab. Denn während er das sagt, kann er seine Freude über den bereits bekannten Wahlausgang kaum verbergen. Von der Leichenbittermiene, die ORF-Journalisten bei FPÖ-Siegen für gewöhnlich zur Schau tragen, keine Spur. Leitner kann noch weniger als sein geradezu euphorischer Reporterkollege Wolfgang Geier sein Grinsen unterdrücken. Die ORF-Belegschaft ist an diesem Nachmittag angesichts des Wahlausgangs sichtlich enthusiasmiert, hinter der Studio-Greenbox dürften bereits die Champagnerkorken geknallt haben. Alle strahlen bei ihren Moderationen Erleichterung, Selbstsicherheit und Freude aus: Sascha, der ORF-Schutzheilige hat gewonnen. Jetzt braucht sich in der geschützten Rundfunkwerkstätte niemand mehr Sorgen zu machen, immerhin hat man Van der Bellen im Wahlkampf tatkräftig unterstützt. Das will man nicht umsonst gemacht haben. Für die nächsten beiden Jahre hat man mit vereinten Kräften das verkrustete System mit all seinen Profiteuren, Finanzströmen und Netzwerken abgesichert. Da darf man ruhig fröhlich in die Kamera grinsen. Die Experten im ORF-Studio geben nach der Bekanntgabe des offiziellen Wahlergebnisses als Trostpflaster für die enttäuschten Hofer-Wähler noch ein paar Phrasen und Stehsätze á la Gräbenzuschütten und Brückenbauen zum Besten. In paternalistischem Tonfall erklären sie, dass man die eigtentlich unbegründeten Ängste der Hofer-Wähler ernst nehmen müsse. Aber das sind nur die üblichen Rituale, die wirklich niemand mehr ernst nimmt. Business as usual. Prost!