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Werner Reichel
 

Der ORF hat seinen aktuellen Public-Value-Bericht vorgelegt. Diesmal liest sich die traditionelle jährliche Selbstbeweihräucherung allerdings etwas anders. Etwas weniger großkotzig. Plötzlich ist gar von „kritischer Selbstreflexion“ die Rede. Selbstverständlich ist beim ORF nicht die neue Bescheidenheit ausgebrochen. Das etwas zurückhaltendere Auftreten hat einen Grund. Man braucht die Politik.

Fernsehen und Radio verlieren immer mehr an Bedeutung. Der ORF hat die berechtigte Angst, den Anschluss zu verlieren, er will ebenfalls – und wie gewohnt mit dem Wettbewerbsvorteil Zwangsgebühren – auch auf den neuen medialen Spielfeldern ganz vorne mitmischen, um auch künftig für die Regierungsparteien unentbehrlich zu bleiben. Doch dazu braucht es Gesetzesänderungen und neue Bestimmungen, also das Wohlwollen der Regierungsparteien. Dafür kann man schon mal etwas mehr Kreide als üblich fressen. So wirklich gelingt es ohnehin nicht.

Der Public-Value-Bericht 2015 liest sich wie ein Bettelbrief an die Politik. Auf jeder Seite wird betont, warum die Österreicher den ORF auch in Zukunft brauchen und warum der ORF für Österreich, seine Bürger und die Demokratie unverzichtbar ist. ORF-Chef Alexander Wrabetz schreibt im Vorwort: „Die Qualität der Medien entscheidet auch über die Qualität der Demokratie.“ Da hat er wohl recht, Österreich ist ein gutes Beispiel dafür.

Und damit Österreich dieses Niveau auch künftig nicht überschreitet, appelliert Wrabetz an seine roten Kumpane: „Nur wer sich für Innovation und Veränderung öffnet, hat Chancen, in Zukunft relevant und erfolgreich zu sein. Das gilt auch für den ORF.“ Soll heißen, mehr Rechte, mehr Möglichkeiten und mehr Kohle (sprich geräteunabhängige Haushaltsabgabe) für den ORF. Aber so dick hätte man gar nicht auftragen müssen, die SPÖ weiß auch ohne pathetisches ORF-Geschwurbel, dass ihre Zukunft in nicht unbeträchtlichem Maße von einem reichweitenstarken Staatsfunk abhängt.