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Kurt Ceipek
 

Ich bin gerne politisch korrekt. Oder sagen wir besser: ich wäre es gerne, denn ob ich es wirklich bin kann ich nicht guten Gewissens behaupten. Ich bin für Menschenrechte für alle Erdenbürger, ich bin dagegen, dass Menschen hungern oder gar verhungern müssen, ich bin für gleiche Rechte von Frauen und Männern, gegen Diskriminierung von irgendwelchen einzelnen Menschen oder Gruppen, ich bin dagegen, Kinder und oder Frauen zu prügeln oder anderswie zu quälen, ich bin gegen die Todesstrafe, schon alleine deshalb, weil es vermutlich eine größere Strafe ist, sein ganzes Leben hinter Gittern zu verbringen, als vorzeitig aus dem Leben zu scheiden. Ich bin gegen den Klimawandel und für Sparsamkeit im Umgang mit wertvollen Ressourcen. Ich bin gegen Arbeitslosigkeit, vor allem gegen eine hohe Jugendarbeitslosigkeit, die sich neuerdings ja auch in Österreich ausbreitet.

Ich könnte jetzt noch eine beinahe endlose Liste erstellen, wofür oder wogegen ich als politisch korrekt sein wollender Mensch bin und was ich für richtig halte.

Mein Problem ist: wer sagt mir, was politisch korrekt ist? Wer stellt die Regeln auf?

Mein Nachbar ist ein junger, engagierter und streitbarer Grüner, der genau weiß, was richtig ist. Und der besagte Nachbar bezieht die (zehn?) Gebote politischer Korrektheit hauptsächlich aus seiner Parteizentrale oder vom ORF. Oder bezieht der ORF die Gebote auch aus grünen oder roten Parteizentralen? Wahrscheinlich ist es gegenseitiger vorauseilender Gehorsam, weil man zu wissen glaubt, was der andere will.

Der ORF scheint die „Political Correctness“ jedenfalls für sich gepachtet zu haben und häufig hat es den Anschein, als würde der ORF – zumindest für Österreich – im Alleingang bestimmen, was richtig und was falsch ist.

Nur manchmal glaube ich den Damen und Herren aus den politischen Redaktionen des ORF nicht ganz, denn dort scheint man nur mit dem linken Auge gut zu sehen. Und das ist sehr oft nicht die Sicht der Mehrheit der mündigen Bürger, zu der ich mich zähle.

Journalisten haben selbstverständlich die Pflicht, kritisch und konsequent Missstände aufzudecken und anzuprangern und vor allem Politikern auf die Finger zu schauen. Das gilt auch für den ORF, der dafür ja von uns reichlich mit Gebühren gefüttert wird.

Aber ist es denn politisch korrekt, nicht bei allen Parteien die gleichen Maßstäbe anzulegen? Ein Parteimedium darf das. Das ist auch ein wesentlicher Grund dafür, dass es fast keine Parteizeitungen mehr gibt, weil einseitige Berichterstattung kaum jemanden interessiert. Aber die politischen ORF-Redakteure können es beim besten Willen nicht verhehlen, Grün und Rot besonders nahe zu stehen, Vertreter anderer Parteien aber kaum zu schonen. Im Gegenteil: Da werden oft die Grenzen der Fairness überschritten.

Oft ist die Reihenfolge von Meldungen in Zeitungen, Funk oder TV ein Signal für den Stellenwert, den ein Redakteur Themen oder Personen gibt. Auch hier kann politische Korrektheit praktiziert oder ignoriert werden.

Ist es politisch korrekt, wenn in ORF-Nachrichtensendungen Auftritte des Herrn Conchita Wurst vor einer Meldung über Papst Franziskus platziert werden? Der Wurst-Auftritt vor dem EU-Parlament beispielsweise war nach Darstellung des ORF jedenfalls wesentlich bedeutsamer aus der kurz darauf folgende Auftritt des Papstes am selben Ort. Jenseits der österreichischen Grenzen wurde der Auftritt der selbsternannten Stil-Ikone kaum wahrgenommen, während die eindringlichen Worte des Heiligen Vaters außerhalb der Grenzen des ORF und Österreichs intensiv kommentiert und diskutiert wurden

Ist es politisch korrekt, bei Berichten über gewalttätige Demonstrationen fast grundsätzlich der Polizei die Schuld in die Schuhe zu schieben, weil sich die Demonstranten ja beinahe gezwungenermaßen gegen ihre Unterdrückung durch die Gesellschaft auflehnen müssen? Da muss man ein wenig vermummte Gewalt schon tolerieren. Noch dazu wo für solche Demos doch viele Ausländer lange Anreisen in Kauf nehmen.

Ist es politisch korrekt, bei Meldungen über Mord und Totschlag, Raub und Vergewaltigungen, Einbruch und gewalttätigen Überfällen die Herkunft der Täter zu verschweigen, wenn diese aus dem südlichen oder östlichen Ausland stammen oder gar Muslime sind?

Neuerdings wird es für manche ORF-Mitarbeiter aber zusehends schwieriger, die eigenen Grundsätze politischer Korrektheit konsequent umzusetzen. In der sonntäglichen Spätabendsendung „Im Zentrum“ stand kürzlich wieder einmal ein Thema im Mittelpunkt, das uns – wie zu befürchten ist – noch längere Zeit begleiten wird: Die Mörderbanden des Islamischen Staates und warum immer mehr junge Menschen aus Österreich dort anheuern und auch zahlreiche Sympathisanten haben.

Da fällt es dann wirklich schwer, noch politisch korrekt zu argumentieren. Wenn junge Leute fröhlich vor der Kamera versprechen, möglichst viele „Ungläubige Hunde“ (sie meinen damit vor allem Christen) abschlachten zu wollen oder sie – wörtlich genommen – um einen Kopf kürzer zu machen, wird es auch für die politisch ganz Korrekten schwierig.

Aber ein wenig gelingt es sogar hier, den Schwarzen Peter den bösen Mittel- und Westeuropäern – also uns – zuzuschieben. Die Islamischen Kämpfer seien doch vor allem arme Buben, die in ihren neuen Heimatländern ausgegrenzt, vernachlässigt und nicht genügend geschätzt worden seien. Was ist denen schon anderes übrig geblieben, als zu blutrünstigen Kämpfern zu werden, die westliche Demokratien für die Wurzel aller Übel dieser Welt halten und folgerichtig gewaltsam beseitigen wollen.

Das angepriesene Rezept lautete sinngemäß so, dass man den betreffenden jungen Leuten gut zureden müsse, sie aufklären und Verständnis für ihre Not zeigen. Wenn das klappt bin ich dafür. Aber wird das ausreichen?

Politische Korrektheit ist gut und richtig. Aber irgendwann wird die aktuell propagierte und praktizierte Form für den ORF als unser Flaggschiff der „political correctness“, für Österreich, die westlichen Demokratien und uns alle zum mörderischen Bumerang werden.