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Werner Grotte
 

Die Abschaffung der U-Haft für Jugendliche plant Justizminister Wolfgang Brandstetter. Das Ö1-Mittagsjournal berichtete über ein neues Modell, in dem jugendliche Verdächtige bis zu ihrer Verhandlung in betreuten Wohngemeinschaften mit verschiedenen Schwerpunkten, etwa Migrationshintergrund, psychische Probleme oder erhöhter Arbeitsbedarf, untergebracht werden sollen. Der Anteil Jugendlicher zwischen 14 und 18 Jahren in den mit rund 9.000 Häftlingen derzeit prall gefüllten österreichischen Strafanstalten liegt bei knapp 100; davon sind 37 in Untersuchungshaft.

Diese Vorschläge wurden im Rahmen der „Taskforce Jugend-U-Haft“ erarbeitet, die sich seit Übergriffen auf Jugendliche im Wiener „Landl“ mit dem ebenso traurigen wie vielfältigen Thema befasst. Werden jugendliche Straftäter doch nicht nur immer brutaler – manche bringen es mit 16 schon auf bis zu 70 Vorstrafen – sondern auch immer jünger. Oft jünger als die Polizei erlaubt. Die hat nämlich immer öfter massive Probleme mit unter 14-jährigen, die teils sogar als Bandenchefs auftreten und sich ihre materiellen Wünsche mit Einbrüchen oder Raubüberfällen auf andere Jugendliche erfüllen. Auch die Gruppe der kriminellen Mädchen wächst. Familienrichter kennen Fälle von Zwölfjährigen, die bereits Alkohol und Heroin konsumieren und sich diese Stimulantien am Babystrich finanzieren. Der Strich, meist in bestimmten U-Bahn-Toiletten, ist auch für Buben oft die einzige Alternative zu Einbrüchen oder Überfällen. Was sie alle vereint: Sie sind nicht strafmündig.

Leider wurde dieser Aspekt im Mittagsjournal nur kurz angerissen. Familienrichter-Sprecherin Doris Täubel-Weinreich erklärte, dass diese Gruppe straffälliger Jugendlicher als „quasi vogelfrei“ gelte. Dabei wäre es wichtig, sie bereits in diesem Stadium abzufangen, bevor sie strafmündig werden und die Gefängnisse füllen. Doch das ist leichter gesagt als getan. Zehnjährige Komasäufer, elfjährige Fixer oder zwölfjährige Räuberbanden-Chefs kommen in der Regel aus desolaten Familien und bleiben auch in keinem Heim. Denn zuständig für sie ist eben nicht die Justiz sondern Eltern oder Jugendwohlfahrt. Und die wollen oder können kaum etwas tun.

Das betrifft auch jugendliche Kriminaltouristen, meist Roma aus Südosteuropa. Erst vor wenigen Monaten ging ein kurioser Fall durch die Medien, wo eine Taschendiebin in der U-Bahn gefasst wurde und trotz sichtlich fortgeschrittenen Alters behauptete, sie wäre noch keine 14. Erst aufwendige medizinische Untersuchungen ergaben dann, dass das Mädchen zumindest 16 Jahre alt und somit strafmündig war. Meist setzen die Clan- oder Bandenchefs aber ohnehin Kinder unter 14 Jahren ein, um Fahrgäste auszuplündern. Werden sie gefasst, bringt man sie zur „Drehscheibe“, einer Art Akutaufnahme für gestrauchelte Jugendliche. Von dort verschwinden sie dann entweder von selbst sehr schnell oder werden von erwachsenen „Angehörigen“ abgeholt.

Was in der ganzen Diskussion bisher noch nicht öffentlich angedacht wurde: Warum nicht die Strafmündigkeit senken? Das klingt nur auf den ersten Blick unpopulär. Denn wenn Zwölfjährige Saufen, Gifteln, Einbrechen und Rauben können wie die Großen, warum sie dann nicht auch behandeln wie Große? Damit wären einige der angesprochenen Probleme gelöst. Haft macht Menschen vielleicht nicht besser. Aber sie schreckt ab. Die Jugendstreifen der Polizei werden von den „Kleinen“ im Fall eines Aufgriffes nach einer Straftat meist nur ausgelacht, denn sie wissen ganz genau, dass ihnen eigentlich (noch) nichts passieren kann. Betreute Wohngemeinschaften sind ja lieb und nett – aber wenn man mit allen kriminellen Wassern gewaschene Jugendliche, egal ob zwölf oder 16, dort halten will, muss man sie ja erst recht wieder unter Hausarrest stellen, sprich einsperren. Sonst sind sie flugs wieder auf der Straße und machen fröhlich weiter.