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Werner Reichel
 

Die älteren Leser werden sich noch erinnern, an die sogenannten Belangsendungen.  Peinliche kurze Werbefilme für SPÖ, ÖVP oder ÖGB, von diesen mehr schlecht als recht selbst fabriziert (hier Beispiele von der SPÖ und den Grünen).

 Der ORF war per Gesetz verpflichtet, politischen Partien und Interessenvertretungen ein gewisses Kontingent an Sendezeit zur Verfügung zu stellen. Eine Fernsehansagerin wies die Seher stets darauf hin, dass nun die Sendung der Partei XY komme. Ein echter Abschaltfaktor, kaum jemand hat sich die meist schlecht gemachten Propagandafilmchen angetan. Sie versprühten das Flair von DDR-Staatsfernsehen. Erst unter der schwarz/blauen Regierung von Wolfgang Schüssel wurden die unsäglichen Belangsendungen mit dem neuen ORF-Gesetz aus dem Staatsfunk  verbannt.  Das war zumindest der Plan.

Seither brauchen nämlich bestimmte Parteien und Interessenvertretungen ihre Belangsendungen nicht mehr selbst zu produzieren, das erledigt der ORF für sie. Die ORF-Nachrichten sind voll davon und keine lästige Fernsehansagerin weist den Seher extra drauf hin.

Nur ein kleines Beispiel. Die ZiB 13 berichtet über die „schlechte Stimmung“ bei der Sportartikelkette SPORTS DIRECT, dem ehemaligen Sport Eybl. Der Betriebsrat bemängelt, dass der neue britische Eigentümer keine klare Strategie habe, wohin sich die Sportkette entwickeln solle. Seit wann ist eigentlich der Betriebsrat für strategische Entscheidungen eines  Unternehmens zuständig und was versteht er überhaupt davon? Aber vielleicht können die Gewerkschafter dem Management der erfolgreichsten britischen Sportartikelkette einige gute Tipps geben, dann steht einer Erfolgsgeschichte à la Konsum oder AUA sicher nichts mehr im Wege.

Zum andern ist die Strategie beim ersten Besuch eines solchen Ladens sofort erkennbar: SPORTS DIRECT ist schlicht ein Diskonter, ein Billigladen für Sportartikel und Bekleidung, eine sinnvolle Neuausrichtung nach dem Eybl-Desaster. Auch auf der englischen Webseite des Konzerns kann man einiges  über die Ziele und Strategien erfahren. Doch der ORF lässt die seltsame Behauptung des Betriebsrats einfach so stehen. Bemüht sich nicht einmal die andere Seite anzuhören oder selbst zu recherchieren. Außerdem kritisiert die Gewerkschaft, dass die Briten angeblich Hosen ohne Taschen für die einfachen Angestellten einführen wollten. Skandal.

Der ganze kurze Beitrag ist ausschließlich aus der Sicht des Betriebsrats und der Gewerkschaft gestaltet. Konzernleitung und Management, die bösen kapitalistischen Ausbeuter ohne jeden Plan, kommen natürlich nicht zu Wort. Der Klassenfeind bekommt keine Sendezeit.  Er hätte die Vorwürfe des Betriebsrats  ja vielleicht entkräften können. Eben. Eine lupenreine Belangsendung für den ÖGB, nur ohne die früher obligate Vorankündigung.