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Werner Grotte
 

Die Werbeflut in den ORF-Formaten ist speziell rund um das Hauptabendprogramm kaum noch zu ertragen – so oft und so lang kann man gar nicht aufs Klo oder Bier holen gehen. Vielfach werden die überlangen Werbeblöcke von Sendungsteilen nur noch eingerahmt, etwa rund um die ZiB um 19:30 uhr. Ein aktueller Test ergab: nur noch zehn Minuten Nachrichten, danach, zwischen 19:40 und 20:15 Uhr, vier Werbeblöcke á  fünf Minuten, dazwischen Wetter, Sport und Seitenblicke. Macht also 20 Werbeminuten in 35 Minuten Sendezeit am Hauptabend. Damit überholt der ORF sogar die privaten Kommerzsender locker.

Vergleicht man diese Zeitspanne mit deutschen Staatssendern wie ARD oder ZDF, so finden sich dort gut 80 Prozent weniger Produktanpreisungen, dafür umso mehr Information. Auch in den ORF-Radios – besonders auf Ö3 – wird die Werbung zunehmend zum Hauptprogramm, wie weiland schon STS so treffend sangen. Immer eleganter wird (Schleich-)Werbung auch gut kaschiert – etwa durch den dezenten Hinweis, dass "die folgende Sendung Produktplatzierungen enthält". Oder enthalten hat.

Doch nicht nur die diesbezügliche Quantität ist bedenklich, manchmal sind es auch die Inhalte. So hört man etwa regelmäßig folgende ORF-Radio-Einschaltung (es gibt sie modifiziert auch im TV): „Seit Jahren heize ich mit Öl. Und ich bleibe dabei. Und hole mir die Ölförderung von 3.000 Euro für die Anschaffung einer neuen Ölheizung“. Wie bitte? Öl gilt (nach Strom) als zweitteuerste und (noch vor Strom) als umweltschädlichste Heizform, nicht zuletzt wegen der Kohlendioxid-Emissionen und der teils prekären Förder- und Transportbedingungen, Stichwort undichte Pipelines, Bohrinsel-Explosionen oder Tankerkatastrophen. Selbst das russische Gas ist da menschenfreundlicher.

Die weltweiten Bemühungen, den durch Industrie, Kraftfahrzeuge und Hausbrand hauptverursachten Kohlendioxid-Ausstoß zugunsten des Klimaschutzes zu reduzieren, müssten selbst ORF-Werbeleuten bekannt sein. Vor diesem Hintergrund sollte es für einen Staatsfunk eine Frage der Ethik (und auch des Bildungsauftrages) sein, nicht für potentiell umweltschädliche Produkte zu werben. Bei (hartem) Alkohol oder Zigaretten hat das ja auch irgendwann einmal funktioniert.

Immerhin darf für Bier und Glücksspiel im ORF noch süffig geworben werden, vor allem der Automatenhersteller Novomatic gilt mit seinem scheinbar überall zu kaufenden Werbe-Gesicht Niki Lauda als besonders guter Kunde. Stehen Alkohol und Glücksspiel nicht ganz oben auf der Liste der Suchtdrogen, die haufenweise Existenzen zerstören? 

Apropos Bildungsauftrag: Auf der im ORF ebenfalls angepriesenen Internetseite der für die Einschaltungen zuständigen „Heizen mit Öl Gmbh“ in Wien 2 sieht man das natürlich anders – dort wird eine moderne Ölheizung mit „sauberer Luft und aktivem Klimaschutz“ in Verbindung gebracht. Hinter der Kampagne steht offensichtlich die Österreichische Mineralölindustrie, die seit 2009 eine „Effizienz- und Klimaschutz-Initiative“ betreibt, wie man weiter erfährt. Böswillige Menschen könnten das als Feigenblatt zur Ankurbelung des lau laufenden Ölheizungsgeschäfts angesichts immer umweltbewussterer Häuselbauer sehen, die lieber mit klimaneutralem Holz oder Pellets heizen. Aber vielleicht hinterfragen das ja irgendwann einmal die GrünInnen im ORF-Stiftungsrat.