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Peter Krotky
 

Der Onlinedienst des ORF ist so groß wie die nächsten fünf Nachrichtenangebote zusammen. Der ORF betreibt seit 1997 unter orf.at ein eigenes Online-Angebot, das von Franz Manola konzipiert und unter seiner Führung umgesetzt wurde. Erfolgreich muss man sagen. “ORF on” schaffte es praktisch von Beginn an, die führende Online-Nachrichtenseite Österreichs zu werden. Kein Wunder, muss man ebenso sagen, wurde und wird es doch von den reichweitenstarken und gebührenfinanzierten “Muttermedien” Fernsehen und Rundfunk massiv gepusht.

Nachrichten, Wetter und Debatte

Im ORF-Netzwerk findet sich mit news.orf.at (gleichzeitig die Startseite auch für das gesamte Netzwerk orf.at) ein Nachrichtendienst, der “fortlaufend aktualisierte österreichische,  europäische und weltweite Nachrichten über das Geschehen in Politik, Wirtschaft, Chronik, Wetter, Kultur, Wissenschaft, Sport, Volksgruppen und Religion” bietet, wie das Angebotskonzept des ORF es beschreibt.

Dazu kommen Wetterinformationen, ein Debattenforum, wo zu vorgegebenen aktuellen Themen gepostet werden darf, oder seit Ende 2009 die TVThek, über die man zahlreiche ORF-Sendungen auch bis zu 30 Tage nach ihrer Ausstrahlung abrufen kann. Unter eigenen Sub-Domains finden sich inhaltliche Spezialangebote zu Sport und Wissenschaft, aber auch die Webauftritte der Radiosender Ö1, Ö3 und FM4.

Über die Jahre hat “ORF on” eine Marktposition aufgebaut, die man ohne Übertreibung als erdrückend bezeichnen kann. Man sieht dies an den Reichweitendaten, die Monat für Monat von der Österreichischen Web Analyse (ÖWA) erhoben werden.

Dreimal so groß wie derStandard.at

Demnach kam “ORF on” 2013 im Monatsschnitt auf rund 54 Millionen Visits und war so das größte Online-Nachrichtenangebot Österreichs. Der zweitgrößte Nachrichtendienst ist derStandard.at - allerdings schon mit gehörigem Respaktabstand: Der Onlinedienst der Tageszeitung “Der Standard” kommt mit rund 17 Millionen Visits nicht einmal auf ein Drittel von orf.at. Der Online-Ableger der Kronen Zeitung schafft überhaupt nur 20 Prozent der Zugriffe des staatlichen Rundfunkangebots.

Man müsste ungefähr die nächsten fünf Nachrichtenangebote aufaddieren, um auf dieselbe Zahl an Visits wie orf.at zu kommen. Das ist nicht einfach nur eine sehr gute Position auf dem Onlinemarkt, es ist eine beherrschende Stellung. Wie beherrschend, zeigt diese Grafik:

 

 

Die privaten Medien sehen sich durch den ORF im Onlinebereich auf zwei Ebenen unter Druck gesetzt:

  • Einerseits zieht die dominierende Stellung von orf.at User von ihren eigenen Onlinediensten ab. Hätten diese Dienste mehr User, wären dort auch die Werbeerlöse entsprechend höher.
  • Andererseits konkurriert der ORF mit ihnen auch direkt auf dem Werbemarkt, der derzeit die einzig relevante Finanzierungsquelle für Onlinemedien darstellt.

Gesetzliche Beschränkungen

Auf Betreiben der Verleger wurden deshalb in die Neufassung des ORF-Gesetzes 2010 auch eine Reihe von Beschränkungen für die Onlinedienste des staatlichen Rundfunks festgeschrieben. So dürfen keine Anzeigenportale wie etwa willhaben betrieben werden, keine Branchenregister à la Herold, keine Preisvergleichsportale wie Geizhals, keine Business-Netzwerke wie Xing, keine Partnerbörsen wie Parship oder love.at; es dürfen keine Telekommunikationsdienstleistungen angeboten werden, keine Glücksspiele und Wetten, keine Musikdownloads, Routenplaner, Veranstaltungskalender, soziale Netzwerke, Online-Auktionen oder E-Commerce. Für den ORF tabu sind demnach auch “eigens für mobile Endgeräte gestaltete Angebote” (wobei man für die TVThek hier eine Ausnahme macht).

Weiters heißt es: “Die Berichterstattung darf nicht vertiefend und in ihrer Gesamtaufmachung und -gestaltung nicht mit dem Online-Angebot von Tages- oder Wochenzeitungen oder Monatszeitschriften vergleichbar sein und kein Nachrichtenarchiv umfassen.” Und: “Eine umfassende lokale Berichterstattung ist unzulässig.”

Das klingt auf den ersten Blick zwar nach relativ engen Grenzen, berührt aber die eigentlichen Kernbereiche von Online-Nachrichtendiensten nicht wirklich: die schnelle Nachricht, was jetzt gerade passiert und aktuell ist.

Großzügige Grenzen für Onlinewerbung

Auch im Werbebereich sieht das Gesetz einige Beschränkungen vor. Wirklich relevant sind diese aber derzeit ebenfalls nicht. Aktuell gilt etwa, dass die Einnahmen aus Onlinewerbung vier Prozent der Gebühreneinnahmen nicht übersteigen dürfen; ab 2016 steigt dieser Anteil dann auf fünf Prozent. Bei rund 600 Millionen Gebühreneinnahmen im Jahr 2013 wären das 24 Millionen Onlinewerbeerlöse - eine gewaltige Summe in dieser noch jungen Branche.

Fakt ist: “ORF on” ist schon dank seiner schieren Größe ein wesentlicher Mitspieler auf dem Onlinewerbemarkt. Solange er weiterhin Onlinewerbung verkaufen darf, bleibt das Problem bestehen, dass hier ein letztlich durch Zwangsgebühren finanziertes Unternehmen den privaten Medienunternehmen die Entwicklung des zukunftsträchtigen Onlinegeschäfts deutlich erschwert.

Ein Zustand, der übrigens in anderen europäischen Ländern so nicht denkbar ist. In Deutschland würde es das Online-Netzwerk der öffentlich-rechtlichen ARD gerade einmal unter die Top-5-Nachrichtenangebote schaffen. Erfasst wird es aber von der “offiziellen” Zugriffsmessung IVW gar nicht, weil es kein Werbeträger ist. Denn: Laut Rundfunkstaatsvertrag ist den sogenannten Telemedien keine Werbung gestattet. Ähnliches gilt in der Schweiz, in Finnland, Dänemark oder Schweden. Stattdessen schafft man in Österreich selbst mit komplizierten Regelungen keine klaren Verhältnisse.